Raumbörse: Räume für junge Kreative

Die Stadt Zürich stellt viele eigene leerstehende Gebäude für Zwischennutzungen zur Verfügung. Die Sozialen Dienste der Stadt sorgen mit ihrem Angebot «Raumbörse Dynamo » für die Pflicht und die Kür: Sie erledigen das Praktische und sorgen für Ausstrahlung. Ihre Raumbörse ist eine Vermietungsplattform, stellt sich interessierten Liegenschaftseigentümern als Vertragspartnerin zur Verfügung stellt und koordiniert die Nutzungen.

Freiräume sind nicht erst seit der 1980-Jahre-Bewegung ein grosses Thema in der Stadt Zürich. Die Ausstellungspublikation «Alles ist gut. Freiräume in der Stadt Zürich 1960 - 2015» listet 573 einzelne Zwischennutzungen und Besetzungen auf! In den letzten Jahren haben sich neben privaten Akteuren diverse Departemente der Stadt den Zwischennutzungen in fördernder Weise zugewendet.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Raumbörse Dynamo, die bei den Sozialen Diensten im Sozialdepartement angesiedelt ist. Sie geht zurück auf den Legislaturschwerpunkt 2006-2010 «Jugend in Zürich» des Zürcher Stadtrates, der Jugendlichen im Alter von 14 bis 26 Jahren einen besseren Raumzugang ermöglichen wollte. Da keine externe Trägerschaft gefunden werden konnte, übernahm das städtische Jugendkulturhaus Dynamo das operative Geschäft der Raumvermittlung. Es waren dann private Liegenschaftseigentümer, welche die ersten Räume temporär zur Verfügung stellten. Den Sozialen Diensten der Stadt gelang es, viel Vertrauen zu schaffen. Am Ende der Legislatur ging die Raumbörse in den ständigen Betrieb des Jugendkulturhauses Dynamo über (vgl. Mitteilung der Stadt von 2009).

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Im kleinen Altbau Dunkelhölzi in Zürich-Altstetten stehen während zehn Jahren 13 Ateliers für Zwischennutzung zur Verfügung.
Foto: zVg Raumbörse
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Ein exemplarisches Atelier im Altbau Dunkelhölzi in Zürich-Altstetten.
Foto: zVg Raumbörse

Die Raumbörse schafft den Durchbruch

2014 überliess der Kanton Zürich zwei grosse Gebäude der ehemaligen Hochschule der Künste (ZHdK) der Raumbörse Dynamo zur Zwischennutzung (s.u.). Dies war der Durchbruch: Nun erkannten auch die beiden Liegenschaftsverwaltungen der Stadt Zürich den Mehrwert der Raumbörse und boten fortan eigene Liegenschaften an der Website der Raumbörse zur Zwischennutzung an: Schulhäuser, Geschäfts- und Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser und sogar ein Gebäude des Konservatoriums.

2017 bewirtschaftete und kuratierte die Raumbörse Dynamo rund 190 Räume mit fast 16’000m2 Fläche. Die Nutzungsdauer bewegt sich zwischen einem und sieben Jahren. In den Räumen der Raumbörse ist Platz für die sozialen, kreativen, kulturellen oder künstlerischen Ideen der Nutzer und Nutzerinnen. Bei der Vergabe der Räume werden junge Menschen unter 28 Jahren bevorzugt berücksichtigt.

Die Raumbörse ermöglicht es, Visionen und Innovationen im subökonomischen Bereich zu entwickeln, in Kultur, Kreativgewerbe, Co-Working, Bildung, Soziales und Soziokultur. In allen Objekten wird die soziale Zusammenarbeit gefördert. Ökonomisch ist die Raumbörse selbsttragend. Die Endpreise für die Nutzenden – es handelt sich je nach Objekt um Miete oder Gebrauchsleihe – decken Einstands-, Verwaltungs- und Unterhaltskosten und bewegen sich zwischen günstigen 50 bis 100 Franken pro Quadratmeter und Jahr. Freie Räume werden jeweils auf der Webseite der Raumbörse ausgeschrieben. Die Nachfrage übertrifft das Angebot um das Dreifache.

Drei Perlen: am Shilquai, im Schwamendingen, in der Zentralwäscherei

Einige der Projekte haben einen starken Öffentlichkeitsbezug und strahlen in die jeweiligen Quartiere aus. Rund 300'000 Personen nutzen die Räumlichkeiten pro Jahr als Nutzende oder Besuchende. Jährlich entstehen mehr als 1’000 Arbeitsplätze, wenn auch viele davon Teilzeitstellen sind. Drei Objekte der Raumbörse seien hier zur Veranschaulichung kurz portraitiert:

Am Zürcher Sihlquai in der Nähe des Limmatplatzes stehen seit 2014 zwei kantonale Gebäude zur Zwischennutzung bis 2021 zur Verfügung (Projekt Sihlquai, siehe Fotos oben). Der Mietpreis beträgt inkl. Nebenkosten CHF 85.-/m2/Jahr. Über 200 Interessierte haben sich damals um die Flächen beworben. Heute (2019) sind 22 individuelle Projekten sowie folgende Institutionen in den Gebäuden beheimatet: die Kulturstiftung Binz 93, die Photobastei, die Organisation der Kunstbiennale Manifesta 11 sowie der Impact Hub, ein weltweites Netzwerk, das jungen Unternehmen Arbeitsplätze anbietet. Auf den rund 6'000m2 ist ein lebendiger Kosmos entstanden; die Nutzungen ziehen täglich mehrere Hundert Besuchende an. Das Herzstück und ein vielbesuchter Treffpunkt mit schönem Aussenbereich ist der Gastrobetrieb Café Auer & Co.

Zürich: Zwischennutzung in derSiedlung Auzelg
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Weniger Raum, dafür mehr Idylle bieten die Wohnateliers Auzelg in Schwamendingen.
Foto: zVg Raumbörse

Am Stadtrand von Zürich-Schwamendingen liegt die Arbeitersiedlung Auzelg (Projekt Wohnatelier Au). Dort konnte die Raumbörse 2018 fünf denkmalgeschützte Einfamilienhäuser für eine Zwischennutzung bis 2020 ausschreiben, zum Preis von 600 Franken pro Monat. Die Bedingung war, dass nicht nur gewohnt, sondern auch produziert wird. Benutzt werden die Wohnateliers von 30 Personen mit Nutzungen wie Tonstudio, Handwerk und Kunst.

In der ehemaligen Zentralwäscherei in Zürich wird die Raumbörse ab 2020 rund 4’800m2 grosse und kleinere Räume bewirtschaften und kuratieren.
Foto: ETH-Zürich Bildarchiv/Comet Photo AG

Als Zwischennutzung mit starkem Öffentlichkeitsbezug sind die klein- und gross strukturierten Räumlichkeiten der Zentralwäscherei an der Josefstrasse mit einer Gesamtfläche von 6'600m2 vorgesehen (Projekt ZWZ). Während 1’800m2 dem Sportamt als überdachter Trainings- und Spielbereich dienen, wird die Raumbörse rund 4’800m2 als Projekt-, Kultur-, Veranstaltungs-, Werk-, Musik- oder Arbeitsräume mit quartier- und stadtweiter Anziehungskraft bespielen. Anfang 2019 hat die Raumbörse bereits eine Ausschreibung für einen 1’000m2 grossen Kulturraum in der Shedhalle ausgeschrieben, die kleineren Räume werden ab 2020 vergeben. Der Mietpreis soll CHF 95.-/m2/Jahr betragen.

NZZ-Artikel «Ein Traum für Stadt und Private» (2015)

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