Der Erlenmattpark vereint Stadt-, Frei- und Grünraum mit Naturschutz

Das ehemalige Areal der Deutschen Bahn im Nordosten Basels befindet sich in einem langjährigen Entwicklungsprozess. Die Erlenmatt, so der neue Name, bietet neben Wohnraum und Arbeitsplätzen sehr viele Grün- und Freiräume. Mitten drin: der 5,7 Hektaren grosse Erlenmattpark. Seine Grösse verdankt der Stadtpark dem grossen Engagement der Bevölkerung und des Kantons, der in Basel-Stadt für fast sämtliche kommunale Aufgaben verantwortlich ist. Das Beispiel zeigt, wie Grossprojekte von der Partizipation profitieren, welche Hebel die aktive Bodenpolitik bietet – und was die Mehrwertabgabe zu leisten vermag.
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Das Beispiel Erlenmattpark bewertet von EspaceSuisse nach der Methode «IRAP Kompass Innenentwicklung».

Ausgangslage

Das über 19 Hektaren grosse Erlenmattareal blickt auf eine lange Entwicklungsgeschichte zurück. Lange von der Deutschen Bahn (DB) genutzt, wurde das Areal gegen Ende der 1990er-Jahre frei für eine Umnutzung. An Ideen für eine zukünftige Nutzung mangelte es nicht. Das Areal war um die Jahrtausendwende eines der letzten grossen Entwicklungsgebiete im Kanton Basel-Stadt und weckte vielerlei Begehrlichkeiten. Der Kanton organisierte 1996 einen ersten öffentlichen Ideenwettbewerb. Er verlangte städtebauliche Konzeptentwürfe für ein Stadtquartier mit vielfältigem Wohnungsangebot, hochwertigen Arbeitsplätzen sowie grosszügigen und qualitätsvollen Freiräumen, die eine reiche Biodiversität fördern sollten. Besonders stark war der Wunsch der Bevölkerung nach mehr Freiraum im dicht besiedelten Kleinbasel. Das Siegerprojekt, das aus dem zweiten städtebaulichen Ideenwettbewerbs von 2001 hervorging, ist heute weitgehend umgesetzt. Es sah mehrere Parkanlagen und Plätze mit unterschiedlichen Funktionen vor. Knapp 8 Hektaren gross sollen die Grün- und Freiraumflächen insgesamt werden – über 5 Hektaren davon sind als Grünanlagen vorgesehen. Die Parkanlagen erfüllen verschiedene Funktionen. Diese sind an der unterschiedlichen Gestaltung ablesbar. So bietet das Erlenmattareal urbane Stadtplätze, Rasenflächen, Spielplätze sowie Naturschutz- und Schongebiete. Mitten im Areal, umgeben von Wohngebäuden, befinden sich als Herzstück des Erlenmattparks ausgedehnte Grünräume, Platzflächen und Spielplätze.

Kennziffern

  • Einwohnerzahl Stadt Basel: 176‘236 (2017)
  • Arealgrösse Erlenmatt: 190'000 m2
  • Grün-/Freiflächen: 74'000 m2
  • Erlenmattpark: 57'000 m2
  • ÖV-Güteklasse: A/B/C - sehr gute/gute/mittelmässige Erschliessung
  • Gemeindetyp BFS: Städtische Gemeinde einer grossen Agglomeration

Bewertung

Lage

Der Erlenmattpark ist im Endausbau 5,7 Hektaren gross und liegt mitten auf dem Erlenmattareal im Nordosten Basels auf der Kleinbasler Rheinseite. Er stellt nicht nur der Bevölkerung des Stadtteils Rosental Grünraum zur Verfügung, sondern übernimmt auch eine Ausgleichsfunktion für die dicht bebauten Stadtteile Matthäus und Klybeck. Diese weisen wenige Grünräume auf. Das Areal ist verkehrstechnisch sehr gut erschlossen: Einerseits für den motorisierten Verkehr, andererseits durch öffentliche Verkehrsmittel wie Trams und Busse. Ganz in der Nähe liegt auch der Badische Bahnhof. Auf dem Erlenmattareal befinden sich öffentliche Schulen und Kindertagesstätten, die ebenfalls vom Grün- und Freiraum profitieren.

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Lageplan der Erlenmatt. Quelle: Bundesamt für Landestopographie swisstopo

Gemeinde

Die Planung und Entwicklung des Erlenmattareals begann lange vor der Revision des Raumplanungsgesetzes. Der Kanton Basel-Stadt besitzt schon länger keine unbebauten Bauzonen mehr. Die Siedlungsentwicklung nach innen stellt deshalb die einzige Entwicklungsmöglichkeit dar. Im Falle des Erlenmattareals konnten bereits genutzte Flächen umgewidmet, adäquat verdichtet und mit sinnvollen Nutzungen belebt werden. Die langjährige Erfahrung Basels im Umgang mit der Mehrwertabgabe erlaubte es, mit der Umzonung des ehemaligen Bahnareals in Wohn- und Mischzonen über 40 Millionen Franken abzuschöpfen. Aus dem Mehrwertabgabefonds wurde der gesamte Erlenmattpark finanziert.

Eigentum

Das ehemalige Güterbahnhof-Areal (heute: Erlenmatt) wurde bis Ende 1998 von der Deutschen Bahn DB AG für Bahnzwecke benötigt. Der Staatsvertrag von 1852 zwischen Deutschland und der Schweiz regelte die Nutzung auf dem Areal. Mit dem Rückzug der DB AG vom ehemaligen Güterbahnhof-Areal musste für die zukünftige Entwicklung der Perimeter aus dem Staatsvertrag gelöst werden. Im städtebaulichen Rahmenvertrag von 2002 legten der Kanton Basel-Stadt und die DB AG die künftigen Nutzungen auf der Grundlage des Wettbewerbsergebnisses fest. Unter anderem wurde auch vereinbart, welche Flächen der Kanton zu welchem Zweck erwerben bzw. übernehmen würde. Der Kanton Basel-Stadt wird bis ca. 2025 in mehreren Etappen über 10,1 Hektaren Land für Strassen, öffentliche Plätze und Grünanlagen erwerben. Die Baubereiche wurden verschiedenen Privaten (Immobilienentwicklern, Stiftungen, Pensionskassen etc.) verkauft.

Prozess

Der Kanton war federführend bei der Entwicklung des Areals und der Realisierung des Erlenmattparks. Er organisierte neben den beiden städtebaulichen Ideenwettbewerben auch öffentliche Foren. Die aus diesen hervorgegangene Begleitgruppe wurde in die weitere Projektentwicklung miteinbezogen. Der Wunsch nach grosszügigen Grün- und Freiraumflächen zeichnete sich bereits kurz nach dem ersten städtebaulichen Ideenwettbewerb ab. Der Begleitgruppe ist es zu verdanken, dass diese Flächen von 4,5 auf 8 Hektaren erhöht wurden.

 

Basel BS Erlenmattpark Grünfläche
Was etwas verwildert wirkt, bedarf einer besonderen Pflege. Auf den Naturschonflächen gedeihen seltene Arten. Quelle: EspaceSuisse

Die Entwicklung des Areals hing von verschiedenen Faktoren ab: Zuerst musste es aus dem Staatsvertrag gelöst werden. Das war nur möglich, indem das Areal einer neuen Nutzung zugeführt wurde. Dafür war ein Nutzungsplanungsverfahren notwendig (Zonenänderung, Zuordnung einer angemessenen Lärmempfindlichkeitsstufe, Bebauungsplan [Sondernutzungsplan]). Gegen den Beschluss des Grossen Rates vom Juni 2004 für die neue Nutzungsplanung wurde das Referendum ergriffen, welches die Basler Bevölkerung im Februar 2005 mit grossem Mehr ablehnte. Der positive Ausgang der Abstimmung schuf in der Folge Planungssicherheit für die Grundeigentümerin (DB AG) und den Kanton Basel-Stadt. Nachdem die Nutzungsplanung in Kraft getreten war, erwarb der Kanton erste Flächen und konnte 2011 den ersten Teil des Erlenmattparks der Bevölkerung übergeben. Voraussichtlich bis 2025 sollen die restlichen Etappen der Parkanlagen fertiggestellt werden.

Dichte

Ein Park besitzt kaum eine bauliche, dafür eine funktionale und eine soziale Dichte. Beide haben nach dem Bau des Erlenmattparks zugenommen – und dürften sich in Zukunft noch erhöhen. Grund dafür sind die zahlreichen unterschiedlichen Grün- und Freiraumformen, die ein breites Publikum ansprechen und anziehen. Die bauliche Dichte auf dem Erlenmattareal ist hoch, die Ausnützungsziffer beträgt etwa 2,3. Der Erlenmattpark kompensiert die hohe Dichte des benachbarten Wohnviertels Rosental, aber auch der dichten, aber wenig durchgrünten Quartiere Klybeck und Matthäus. Allerdings soll der Erlenmattpark nicht überall gleich intensiv genutzt werden. Der nördliche Teil des Parks ist der Naturschutzzone zugewiesen. Hier wird die Natur im Vordergrund stehen: Es soll ein Wegsystem angelegt werden damit eine extensive Erholung möglich ist. Intensive Freizeitnutzungen konzentrieren sich auf die südlichen Teile der Parkanlage.

Wirtschaftlichkeit

Der städtebauliche Rahmenvertrag definiert, zu welchen Konditionen der Kanton Basel-Stadt das Land erwerben und erschliessen kann und wie die Grün- und Freiraumflächen zu gestalten sind. Zudem führte die Umzonung – vom Bahnareal in Bauzonen – zu einem planungsbedingten Mehrwert. Davon mussten die jeweiligen Grundeigentümerinnen bei der Realisierung ihrer Baufelder 50 Prozent an den Kanton ausrichten. Die Verwendung der Mehrwertabgaben ist gesetzlich geregelt und zweckgebunden, namentlich für die Schaffung neuer öffentlicher Grünanlagen. Damit wurde und wird der Erlenmattpark finanziert. Ursprünglich war vorgesehen, dass der Kanton rund 50 Millionen Franken über Mehrwertabgaben einnehmen würde. Der gleiche Betrag sollte wieder in Strassen, Plätze, Park- und Schulanlagen investiert werden. Dies konnte aus verschiedenen Gründen nicht eingehalten werden; die Investitionen werden schliesslich weit mehr als das Dreifache der Einnahmen ausmachen.

Basel BS Erlenmattpark Luftansicht
Das Erlenmattareal von Norden betrachtet. Der Erlenmattpark ist das grüne Herz des neuen Stadtteils. Finanziert wurde er aus dem Mehrwertabgabefonds. Quelle: Planungsamt Basel-Stadt

Qualität

Zwei Jahre nach Abschluss der ersten Etappe würdigte der Schweizer Heimatschutz den Erlenmattpark 2013 mit dem Schulthess Gartenpreis. Der Heimatschutz lobte insbesondere die Weitsicht der beteiligten Akteure und ihre Herangehensweise. Viele der zahlreichen Interessen konnten berücksichtigt werden. Die Landschaftsarchitektinnen und -architekten verwendeten bei der Gestaltung Materialien wie Platten, Gleiselemente, Schotter etc., die beim Rückbau der einstigen Bauten eingelagert worden waren. Auch seltenes Saatgut fand so zurück auf das Areal. Die artenreiche Flora und Fauna der einstigen Eisenbahnbrache kann auf den Grünflächen weiterhin gedeihen. Die unterschiedlichen Teile des Parks bieten wertvolle Naherholungs- und Begegnungsräume für Kinder, Familien, Jugendliche und Senioren.

Basel BS Erlenmattpark Plan
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Der Erlenmattpark, das sind alle Grün- und Freiflächen zwischen den Neubauten. Je nach Funktion sind sie anders zugänglich und unterschiedlich gestaltet. Quelle: Stadtgärtnerei Basel

Akzeptanz

Bevor die Erlenmatt zu einem neuen Stadtteil umgebaut werden konnte, wurde das ehemalige Güterbahnhof-Areal durch facettenreiche Zwischennutzungen belebt. Zahlreiche engagierte Akteure hatten über Jahre für die Belebung des sogenannten n/t-Areals gesorgt und damit eine Adresse geschaffen. Als diese Nutzung verschwand, ging ein Stück Vielfalt und Kreativität verloren, was manche heute noch vermissen. Dennoch war bereits damals klar, dass sich an diesem Ort ein neuer Stadtteil mit vielfältigen Nutzungen etablieren würde. Zudem sorgen die heutigen Bewohnerinnen und Bewohner dafür, dass die Erlenmatt zu einem lebenswerten Bestandteil Kleinbasels wird. Dazu trägt auch der Erlenmattpark bei, welcher sich schon vor seinem Endausbau grosser Beliebtheit erfreut. Der neue Grün- und Freiraum entschärft bereits heute den Mangel an öffentlichen Parkanlagen im Kleinbasel.

 

Zusammenfassung

Der Erlenmattpark ist heute ein selbstverständlicher Bestandteil des Rosental-Quartiers. Weil er schon vor den Wohn- und Geschäftsbauten fertiggestellt wurde, prägt er die Identität des neuen Stadtteils ganz wesentlich. Damit war der Park ein Katalysator für die Erlenmatt und trug dazu bei, dass die Bevölkerung das entstehende Quartier besser akzeptierte. Doch die Bevölkerung hat den Park nicht nur als Zückerchen im Tausch gegen die Verdichtung des Quartiers erhalten. Er erfüllt wichtige ökologische Funktionen als Lebensraum für Flora und Fauna, dient als grüner Korridor und Verbindung zum Fluss Wiese und verbessert im Sommer die Stadtdurchlüftung. Diese Leistungen erbringt er nicht nur für die Anwohnerinnen und Anwohner, sondern für ganz Kleinbasel. Bei der Entwicklung des Parks trafen vielfältige Interessen aufeinander. Deshalb ist es erfreulich, dass wesentliche Ideen aus den partizipativen Planungsprozessen heute direkt am Park ablesbar sind. Dieser hat sowohl funktionale als auch bauliche und ökologische Qualitäten. Der Bau der Anlage musste nicht aus Steuergeldern finanziert werden. Die Abschöpfung des Mehrwerts aus der Umzonung des Areals reichte aus, um den grössten Teil des Erlenmattparks zu finanzieren. Was für den Kanton seit über zwanzig Jahren Routine ist, kann mancherorts als gutes Beispiel dienen.

Besondere Stärken aus Sicht von EspaceSuisse

  • Der umfassende Planungsvorlauf bot Raum für partizipative Prozesse; Ideen daraus trugen massgeblich zum heutigen Erscheinungsbild des Parks bei.
  • Der Park vereinigt abwechslungsreiche Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten mit Naturschutz, Städtebau und Verdichtung.
  • Grosse Teile der Grün- und Freiräume konnten mit Beiträgen aus dem Mehrwertabgabefonds finanziert werden.

Weiterführende Informationen

  • Ratschläge an den Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt: Nr. 9299, Projekt «Erlenmatt» (2003), 07.0163.01 Erschliessung Mitte und Parkanlagen (2007), 09.0082.01 Erschliessung Ost und ÖV 1. Etappe (2009), 13.0601.01 Tram Erlenmatt (2013), 14.0425.01 Neubau Primarschule Erlenmatt (2014), 14.0452.01 Änderung Bebauungsplan (2014) und 14.1083.01 Erstellung eines öffentlichen Platzes (2014).
  • 2011. Grünanlagen Erlenmatt: Daten und Fakten. Medienorientierung vom 7. April 2011. Stadtgärtnerei, Basel.
  • 2016. Robert Stern, Planungsamt Basel-Stadt. Präsentation «Erlenmatt».

Stand der Bewertung durch EspaceSuisse: Juni 2018

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