Der Gemeinderat und die Bevölkerung erneuern die Planungsinstrumente

Die Gemeinde Uznach hat im Jahr 2006 ihr fast 30 Jahre altes kommunales Leitbild erneuert. Zusammen mit einem Planungsbüro lud der Gemeinderat Interessenvertreter sowie die Bevölkerung zur Mitwirkung ein. Das positive Ergebnis und das aussagekräftige Leitbild motivierten den Gemeinderat, die Inhalte zuerst in einem Masterplan räumlich zu konkretisieren und anschliessend in einem kommunalen Richtplan festzusetzen. Wieder wählte er einen partizipativen Ansatz – und erneut bewährte sich der Einbezug der Bevölkerung. Dieses Vorgehen schuf Akzeptanz. Auch Investoren und Private richten sich heute nach dem Instrument, wenn sie Projekte planen und umsetzen.
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Das Beispiel Uznach bewertet von EspaceSuisse nach der Methode «IRAP Kompass Innenentwicklung».

Ausgangslage

Uznach liegt am östlichen Ende des Zürichsees und zählt rund 6’500 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Gemeinde besitzt bereits seit 1978 ein kommunales Leitbild. Der erste kommunale Richtplan stammt aus dem Jahr 1983. Obschon in der Raumplanung und in der Entwicklung der Gemeinde seit 1983 viel passiert ist, hat Uznach seine Planungsinstrumente in dieser Zeit nicht aktualisiert.

Grundsätzlich wäre eine Überarbeitung der behörden- oder grundeigentümerverbindlichen Dokumente wie Richt- oder Zonenpläne alle 10 bis 15 Jahre nötig. Nicht zuletzt aus diesem Grund entschied der Gemeinderat im Jahr 2005, das überholte Leitbild zu erneuern. Auch der im kantonalen Planungs- und Baugesetz verlangte kommunale Richtplan war zu diesem Zeitpunkt fast ein Vierteljahrhundert alt und benötigte dringend eine Überarbeitung. Mit dem Leitbildprozess stiess der Gemeinderat eine umfassende Erneuerung seiner Planungsinstrumente an.

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Das Leitbild gliedert sich in drei Teile: Die Vision sagt, wohin die Gemeinde will. Die Strategie bestimmt, welchen Weg die Gemeinde zur Zielerreichung einschlagen will. Die Massnahmen bestimmen, welches Schuhwerk sich dafür am besten eignet (Grafik: Leitbild Gemeinde Uznach).

Bewertung

Lage

Uznach ist ein Regionalzentrum in der St. Galler Linthebene auf halbem Weg zwischen Rapperswil-Jona und dem Toggenburg. Die Anbindung an das übergeordnete Strassennetz ist gut. Der ÖV erschliesst das Zentrum hervorragend, die Peripherie eher mittelmässig. Die Planungsinstrumente (Leitbild, Masterplan und Richtplan) beziehen sich auf das gesamte Gemeindegebiet, entsprechend betreffen auch die im Leitbild gemachten Aussagen die ganze Gemeinde. Die Leitsätze machen jedoch keine konkreten räumlichen Aussagen. Nur die angestrebte grossräumige Umfahrung der Ortschaft und insbesondere des historischen Zentrums wird im Leitbild konkret verortet.

Kennziffern

  • Einwohnerzahl: 6'419 (2018)
  • Gemeindetypologie BFS: Städtische Gemeinde einer kleinen oder ausserhalb einer Agglomeration

Prozess

2005 beschloss der Gemeinderat, ein neues Leitbild zu erarbeiten. Damit sollte in erster Linie die strategische Positionierung der Gemeinde definiert werden. Der Gemeinderat lud Interessenvertreter und die Bevölkerung 2006, vor Beginn der Planungsarbeiten, zur Mitwirkung ein: Die Einwohnerinnen und Einwohner konnten sich an einer Veranstaltung zu neun Schwerpunktthemen äussern. Begleitet von einem Beratungsbüro, rief der Gemeinderat eine Projektgruppe ins Leben. Diese bestand aus interessierten Bürgerinnen und Bürgern.

Mit der Gruppe wurden drei Workshops durchgeführt. In diesem Rahmen bündelte die Projektgruppe sämtliche Anliegen zu drei zentralen Themen: Uznach als Wohnstandort, als Wirtschaftsstandort und als Regionalzentrum. Das Leitbild wurde im Herbst 2006 öffentlich präsentiert.

Im Frühling 2006 beschloss der Gemeinderat, die Inhalte des Leitbilds zu vertiefen. Er wünschte sich einen Masterplan, der die räumlichen Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde darlegen sollte. Für den Prozess lud der Gemeinderat ein anderes Planungs- und Beratungsbüro ein, um unterschiedliche Erfahrungen und Blickwinkel einzubringen. Mit diesem Büro erarbeitete er in drei Workshops die notwendigen Grundlagen und basierend darauf konzipierte das Planungsbüro den Masterplan. Der Gemeinderat genehmigte das Dokument im Jahr 2008.

Um sich selbst in die Pflicht zu nehmen, startete der Gemeinderat im Jahr 2010 schliesslich die kommunale Richtplanung mit einem dritten Planungsbüro. Hier konnte sich die Bevölkerung in zwei Workshops einbringen.

Gemeinde

Während der Revision des Leitbilds hatte der Gemeinderat gute Erfahrungen gesammelt. Nun erkannte er jedoch, dass für die anstehende Ortsplanungsrevision genauere, ortsbezogene Entwicklungsvorstellungen nötig waren. So beschloss er, für die anstehende Ortsplanungsrevision zuerst die Leitbildinhalte in einem noch nicht behördenverbindlichen Masterplan zu konkretisieren.

Die Masterplanung stellte für den Gemeinderat einen Zwischenschritt zur behördenverbindlichen Richtplanung dar. So erhielt er die Gelegenheit, eine Auslegeordnung aller Themen vorzunehmen und Schwerpunkte zu definieren. Die Richtplanung schliesslich hält die Inhalte rechtlich bindend fest.

Im Masterplan wurde das kommunale Leitbild räumlich konkretisiert. Er bildete die Grundlage für den kommunalen Richtplan. Quelle: Gemeine Uznach

Eigentum

Planungsinstrumente sind öffentliche Regelwerke. Die darin gemachten Aussagen beeinflussen das Grundeigentum zahlreicher Bürgerinnen und Bürger. So beschreibt das Leitbild grundsätzliche Entwicklungsabsichten der Gemeinde, die alle Einwohnerinnen und Einwohner betreffen. Der Masterplan bezeichnet Schwerpunktgebiete der räumlichen Entwicklung, die je nach Schwerpunkt und Thema wenige oder viele Personen betreffen.

Weder das Leitbild noch der Masterplan sind für die Behörden oder die Grundeigentümer im rechtlichen Sinn verbindlich. Mit deren Erarbeitung verpflichten sich die Behörden aber selber, die Entwicklung in die vorgesehene Richtung zu lenken. Die Instrumente dienen damit den Behörden und dem Gemeinderat als Führungsinstrument. Ihre Inhalte werden für die Behörden verbindlich, wenn sie vom kommunalen Richtplan übernommen werden.

Der kommunale Richtplan unterscheidet zwischen dem Regionalzentrum Uznach... Quelle: Gemeinde Uznach
...und Uznach als Wohn- und Wirtschaftsstandort. Quelle: Gemeinde Uznach

Akzeptanz

Zur Partizipation am Leitbildprozess war anfänglich die gesamte Bevölkerung aufgerufen worden. Nach der Startveranstaltung beteiligte sich eine Begleitgruppe an den organisierten Workshops. Das Vorgehen bewährte sich, denn das fertige Leitbild stiess an der öffentlichen Präsentation auf grosse Akzeptanz.

Inwiefern der Masterplan bei der Bevölkerung akzeptiert wird, lässt sich nur schwer abschätzen. An der öffentlichen Präsentation wurde er sehr positiv aufgenommen. Trotzdem hat das Dokument grundsätzlich einen internen Charakter. Es fusst aber im Wesentlichen auf den Massnahmen, die im Siedlungsleitbild festgehalten sind. Konsequenterweise nutzt die Gemeinde den Masterplan erfolgreich als übergeordnetes Steuerungsinstrument.

2010 konnten sich die Einwohnerinnen und Einwohner im Kontext der kommunalen Richtplanung erneut einbringen. Von Planungsmassnahmen betroffene Grundeigentümer wurden kontaktiert und um ihre Stellungnahme oder Mitarbeit gebeten. Die übrige Bevölkerung konnte im Rahmen einer Informationsveranstaltung Stellung nehmen zum Richtplanentwurf. Zudem erhielt sie die Möglichkeit, während der öffentlichen Auflage des kommunalen Richtplans ihre Wünsche und Kritiken einzubringen. Neben der Bevölkerung wurden auch die Nachbargemeinden und die Regionalplanungsgruppe um eine Stellungnahme gebeten. Entsprechend stösst die Gemeinde heute auf wenig Widerstand, wenn sie die Instrumente anwendet.

Der Masterplan legt für die räumliche Entwicklung zwölf Schwerpunktgebiete fest. Die Massnahmen sind aufeinander abgestimmt und können individuell umgesetzt werden. Fotos: Gemeinde Uznach

Dichte

Weder das Leitbild noch der Masterplan machen konkrete Aussagen zu angestrebten Nutzungsdichten. Allerdings halten das Leitbild und der Masterplan fest, dass Uznach sein Wachstum nach innen konzentrieren soll. Bei einer konsequenten Umsetzung würde mindestens die bauliche Dichte im Siedlungsgebiet erhöht.

Explizit gefordert wird eine Verdichtung entlang der Zürcherstrasse (Kantonsstrasse) und in den Wohn- und Gewerbezonen beim Bahnhof. Der Ortskern soll belebt werden, indem Begegnungsräume geschaffen werden. Das können Freiräumen im Bereich von Neubauten, Aufenthaltsorte im Strassenraum oder aufgewertete Verkehrsflächen sein.

Qualität

Der Masterplan macht Aussagen zur Entwicklung von zwölf räumlichen Schwerpunkten. Einen übergeordneten Stellenwert erhält die Aussenraumgestaltung. Sie wird zur Stütze der Standortqualität und zum identitätsstiftenden Element. Der historische Kern soll verkehrsberuhigt und dessen Aussenraum umgestaltet werden. Vor dem Spital Linth, dem Alters- und Pflegeheim in Zentrumsnähe und entlang der Zürcherstrasse sollen die öffentlichen Räume ansprechend gestaltet werden. Auch für die Industrie- und Gewerbezone verlangt der Masterplan eine attraktive Gestaltung des Aussenraums und einen sorgfältigen Übergang zur Landschaft. Letzteres gilt auch für den angedachten Panoramaweg, denn auch er schliesst das Siedlungsgebiet zur Landschaft ab. Daneben bildet die Promenade das Rückgrat der Fuss- und Radwegverbindungen.

Wirtschaftlichkeit

Zu den Grundzügen der Raumplanung gehört die geordnete Besiedlung des Landes. Dies verringert Opportunitäts- und Folgekosten für die Allgemeinheit. Dass die Gemeinde ihr Planungsinstrumentarium erneuert hat, ist daher erfreulich. Die Investitionen betrugen für den Leitbildprozess rund 40’000 Franken.

Weil die Massnahmen des Leitbilds die Lebensqualität der Bevölkerung verbessern, beteiligte sich die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz zu 50 Prozent an den Auslagen. Für den Masterplanprozess mussten rund 45’000 Franken aufgewendet werden. Gemessen an den Folgekosten einer ungeordneten Besiedlung sind diese Beträge klein. Die Investitionen lohnten sich auf jeden Fall, betont die Verwaltung bereits heute.

Zusammenfassung

Uznach wappnet sich für die Zukunft. Die Gemeinde setzte dafür einen langwierigen, aber lohnenswerten Prozess in Gang. Statt ihre Ortsplanungsrevision mit der Bau- und Zonenordnung anzugehen, trat sie zuerst einen Schritt zurück. Zusammen mit der Bevölkerung machte sie sich Gedanken über ihre Zukunft.

Die gemeinsam erarbeitete Vision diente als Grundlage für alle weiteren Planungsschritte. Vom Leitbild über den Masterplan bis zum Richtplan wurden die anzugehenden Aufgaben in jedem Dokument klarer und verbindlicher formuliert und festgesetzt. Heute, gut zehn Jahre nach dem Start des Leitbildprozesses, weiss die Gemeinde, wohin der Weg führen soll. Und sie weiss auch, dass ihre Einwohnerinnen und Einwohner ihr folgen werden. Den Pfad haben nämlich alle zusammen bestimmt.

Besondere Stärken aus Sicht von EspaceSuisse 

  • Die Gemeinde erarbeitete früh Planungsinstrumente, auf denen sie aufbauen konnte.
  • Die Ortsplanungsrevision wurde nicht von der Bau- und Zonenordnung her, sondern vom Leitbild aus gedacht.
  • Wichtige Themen wie die Siedlungsrandgestaltung und qualitätsvolle Aussenräume in Industriegebieten wurden früh aufgegriffen.

Weiterführende Informationen

  • 2006. Zukunft Uznach – Leitbild. Ernst Basler + Partner. Gemeinde Uznach, Uznach.
  • 2008. Masterplanung Uznach – Planungsbericht. Sapartners, Zürich.

Stand der Bewertung durch EspaceSuisse: Juni 2018

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