Der Quartierplan Allmend Ost schafft Raum für generationenübergreifendes Wohnen

Seit 2006 existiert für das Gebiet Allmend Ost in Alpnach OW ein vom Regierungsrat genehmigter Quartierplan. Doch für die damals angedachte industrielle Nutzung des Areals ergab sich über die Jahre keine Nachfrage. Die Grundeigentümer machten sich deshalb zunehmend Gedanken, wie das Areal anders genutzt werden könnte. Parallel geriet das Altersheim der Stiftung Betagtenheim an seine Kapazitätsgrenze. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass die Stiftung schon länger den Wunsch hegte, ihren Betrieb in einen zeitgemässen Neubau umzusiedeln. Dieser sollte mehr Plätze und Raum für Betreuungsangebote für pflegebedürftige Menschen bieten.
Den idealen Standort für dieses notwendige und schon länger angedachte Pflegezentrum ortete die Stiftung auf der Allmend Ost. Die Korporation Alpnach – die Grundeigentümerin des Grundstücks – und die Stiftung fanden sich, organisierten gemeinsam einen Studienauftrag und sorgten so dafür, dass der Quartierplan angepasst und die nötigen Rahmenbedingungen für das neue Pflegezentrum geschaffen werden konnten. Der Spatenstich für das Zentrum erfolgte im Herbst 2020, rund vier Jahre nach dem Wettbewerbsverfahren.
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Der Quartierplan Allmend Ost bewertet durch EspaceSuisse nach der Methode «IRAP Kompass Innenentwicklung».

Ausgangslage

Für das Gebiet Allmend Ost, das nordöstlich des Bahnhofs Alpnach Dorf liegt, genehmigte der Regierungsrat im Jahr 2006 einen privaten Quartierplan. Dieser sah für die Allmend eine getrennte Nutzung von Wohnen und Industrie vor. Auf dieser Grundlage realisierte die Grundeigentümerinnen Axa Leben AG im westlichen Teil der Allmend fünf Mehrfamilienhäuser und die Korporation Alpnach deren zwei. Zudem erstellten sie gemeinsam den öffentlichen Parkplatz Allmend.

Der östliche Teil der Allmend blieb unbebaut – bis 2016. Dann ergriff die Korporation Alpnach die Initiative, den geltenden Quartierplan zu ändern. Der Grund: Die ursprünglich geplante industrielle Nutzung im mittleren und nördlichen Teil des Areals liess sich nicht realisieren. Zum einen fehlte die Nachfrage nach Industrieflächen, zum anderen hätte das Nebeneinander von Industriebetrieben und Wohngebieten die Wohnqualität beeinträchtigt. Von dieser Änderungsabsicht erfuhr auch die Stiftung Betagtenheim. Ihr in der Nähe liegendes Alters- und Pflegeheim entsprach mit seiner geringen Kapazität und der unzeitgemässen Infrastruktur nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen, die es bei der Betreuung von betagten Personen zu berücksichtigen gilt. Daher sah die Stiftung im Grundstück der Korporation die Chance, ein neues Pflegezentrum zu errichten.

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Der östliche Teil der Allmend blieb bis 2016 unbebaut.
Foto: Korporation Alpnach

Bewertung

Lage

Die Gemeinde Alpnach im Kanton Obwalden ist ein attraktiver Ort zum Wohnen. Das Quartierplangebiet Allmend liegt nordöstlich des Ortszentrums von Alpnach Dorf. Von dort aus sind öffentliche Infrastrukturen (Gemeinde‑ und Schulhaus, Sport- und Freizeitanlagen) sowie Ladengeschäfte und Dienstleister bequem zu Fuss erreichbar. Auch der Bahnhof der Zentralbahn liegt in der Nähe: 300 Meter misst der Weg zum nächsten Perron. Gemäss der ÖV-Güteklasse des ARE ist die Allmend trotzdem nur mittelmässig bis gering erschlossen. Grund dafür ist der eher tiefe Takt der Zugverbindungen. Die beiden Autobahn-Halbanschlüsse Alpnach Süd bzw. Nord an die A8 sind ca. 1 bis 1,5 Kilometer entfernt, sodass die Allmend über die Strasse relativ gut erreichbar ist.

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Lage der Allmend Ost.
Quelle: Bundesamt für Landestopografie swisstopo

Gemeinde

Die Gemeinde Alpnach stellt in ihrem kommunalen Richtplan gewisse Überlegungen zu ihrer räumlichen Entwicklung an. Für das Gebiet Allmend Ost bestand schon länger ein Quartierplan, der eine gemischte Nutzung von Wohnen und Arbeiten vorsah . 2016 startete die Teilrevision des Quartierplans durch den Grundeigentümer. Dazu bezog er die Planungskommission und den Gemeinderat früh ein und liess ihre Rückmeldungen in die vorliegende Fassung des Quartierplans einfliessen. Parallel zur Revision des Quartierplans bereitete die Gemeinde die erforderlichen Anpassungen des Bau- und Zonenreglements vor.

Kennziffern

  • Einwohnerzahl Alpnach OW: 6’086 (2020)
  • Arealgrösse: 25'106 m2
  • Investitionskosten: 42,5 Mio. CHF (Pflegezentrum)
  • Wohneinheiten (WE): 191
  • Arbeitsplatzpotenzial: 70 Beschäftigte
  • Einwohnerpotenzial: ca. 200 Personen
  • Bruttogeschossfläche (BGF): 30’000 m2
  • ÖV-Güteklasse: C/D – mittelmässige bis geringe Erschliessung
  • Gemeindetyp BFS: Ländliche zentral gelegene Gemeinde

Eigentum

Im Quartierplanperimeter liegen Grundstücke von vier Eigentümern (unter anderem der AXA Leben AG). Der grösste Anteil gehörte der Korporation Alpnach. Auch die nahe Parzelle, auf der die Stiftung Betagtenheim das Alters- und Pflegeheim Allmend betrieben hat, ist Eigentum der Korporation. Für die Quartierplananpassung mussten sämtliche Grundeigentümer mit an Bord geholt werden, was ohne grossen Aufwand gelang, da alle von den Anpassungen profitieren. Mit dem Spatenstich für das Pflegezentrum ging das Grundstück des Neubaus von der Korporation an die Stiftung über.

Dieser Akt ist ein Meilenstein, da die Korporation im Interesse der Allgemeinheit von ihrem langjährigen Grundsatz abwich, eigenes Land nur im Baurecht abzugeben. Durch den Verzicht der Korporation auf das Baurecht bzw. durch den Verkauf des Grundstücks an die Stiftung ist diese heute nicht nur Eigentümerin des Gebäudes, sondern auch des Bodens. In den drei Mehrfamilienhäusern sollen ca. 50 Miet- und Eigentumswohnungen entstehen.

Der Perimeter des neuen Quartierplans Allmend Ost (in Farbe): Das neue Pflegezentrum und die drei Mehrfamilienhäuser im unteren (nordöstlichen) Teil befinden sich im Bau. Der Parkplatz (P&R Anlage) und die übrigen Liegenschaften sind bereits erstellt. Quelle: ro.ma. roeoesli & maeder GmbH

Prozess

Der Quartierplan Allmend Ost von 2006 sah für den nördlichen Teil der Parzelle eine gewerblich-industrielle Nutzung vor. Doch schon 2016 ergab es aus Sicht der Korporation keinen Sinn mehr, diese Industriezone beizubehalten. Probleme mit der angrenzenden Wohn- und Gewerbezone wären vorprogrammiert gewesen. Für die Industriezone wurde deshalb zunächst die Sondernutzungszone Allmend Ost erlassen. So konnte die Korporation Alpnach die Projektidee der Stiftung Betagtenheim für ein neues Pflegezentrum in diesem Gebiet prüfen.

Um den Neubau des Pflegezentrums zu ermöglichen, musste der Quartierplan geändert werden. 2017 führten die Korporation und die Stiftung gemeinsam einen zweiteiligen Studienauftrag für den Neubau des Pflegezentrums und die angrenzenden Mehrfamilienhäuser durch. Die Rahmenbedingungen hierfür wurden in enger Zusammenarbeit mit den Nutzergruppen – Bewohnerinnen und Bewohnern, Mitarbeitende des bestehenden Altersheims sowie Nachbarn –, den Behörden und der Grundeigentümerin ermittelt. Zur Siegerin wurde das Projekt des Luzerner Architekturbüros ro.ma. roeoesli & maeder GmbH gekürt. Auf der Basis des Studienauftrages und des überarbeiteten Siegerprojektes wurde der neue Quartierplan Allmend Ost erarbeitet. Das machte eine Teilrevision des Zonenplans sowie eine Anpassung des Bau- und Zonenreglements (BZR) nötig.

Akzeptanz

Der angepasste Quartierplan wurde am 14. Mai 2018 bei der Einwohnergemeinde Alpnach zur Vorprüfung eingereicht. Ein Jahr später nahm das Stimmvolk die Teiländerung des Bau- und Zonenreglements an, was die Umsetzung des neuen Quartierplans ermöglichte. Der Ja-Stimmenanteil betrug 66 Prozent. Diese deutliche Zustimmung kann darauf zurückgeführt werden, dass das Neubauprojekt den Mangel an Pflegezimmerplätzen in Alpnach entschärft und die Allmend grundsätzlich aufwertet.

Zudem mindert das Projekt das bestehende Lärmproblem: Die Allmend Ost ist aufgrund ihrer Nähe zur Nationalstrasse A8 und zur Eisenbahn von Lärmemissionen betroffen. Im nordöstlichen Bereich wird künftig ein Gebäuderiegel entlang der Geleise dafür sorgen, dass das Lärmproblem für die dahinterliegenden Wohngebiete reduziert wird.

Im Quartier Allmend wird auf einem brachliegenden Kiesplatz Raum für generationenübergreifendes Wohnen geschaffen. Foto: ro.ma. roeoesli & maeder GmbH

Dichte

Weil das Areal so gut wie unbebaut war, erhöhen das neue Pflegezentrum und die Mehrfamilienhäuser die Nutzungsdichte sowie die bauliche und soziale Dichte markant: Die Ausnützungsziffer wird knapp 1,2 betragen und die rund 200 neuen Bewohnerinnen und Bewohner sowie die etwa 70 Beschäftigten werden zudem für eine höhere Nutzerinnen- und Nutzerdichte sorgen als zuvor. Der Nutzungsmix von Pflegezentrum, Gastronomie, Wohn- und Freiräumen sowie stillem Gewerbe fördert die Durchmischung und die Chance auf spontane Begegnungen.

Qualität

Durch die Umnutzung einer Industriezone zur Wohn- und Gewerbezone wird sich die Allmend Ost von einem brachliegenden Kiesplatz in neuen Raum für generationenübergreifendes Wohnen wandeln. Dessen Qualität sichert der Quartierplan Allmend Ost, über den die Korporation Alpnach eine ortsbauliche Vervollständigung des Quartiers anstrebt.

Die geplante Bebauung integriert sich gut in die natürliche und gebaute Umgebung, indem sich die Gebäudehöhen am Bestand im Quartier orientieren. Neue Freiräume sollen parkähnlich gestaltet werden und grosszügige Grünflächen (Gärten, Spielflächen etc.), Bäume, Alleen, Wege und Plätze umfassen. Diese Anlagen sollen Begegnungen und die Erholung fördern.

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Die Visualisierung des Pflegezentrums zeigt die parkähnlichen und grosszügig angelegten Grünflächen mit Grossbäumen, Alleen und Plätzen. Quelle: ro.ma. roeoesli & maeder GmbH

Wirtschaftlichkeit

Die Stiftung und die Korporation sind nicht gezwungen, renditeorientiert zu bauen. Der Wohnungsmix soll zwar auf die Marktsituation abgestimmt werden, was mitunter flexible Grundrisstypologien und entsprechende Planungsflexibilität im Quartierplan erfordert. Trotzdem sollen die gut 50 Miet- und Eigentumswohnungen in den drei Mehrfamilienhäusern der Korporation preiswerten Wohnraum an zentraler Lage schaffen.

Das neue Pflegezentrum wird 73 Einzelzimmer für pflegebedürftige Menschen sowie 18 2,5-Zimmer und 3,5-Zimmer-Wohnungen mit Betreuungsangeboten anbieten. Zum Neubau gehören zudem eine Einstellhalle, Gymnastik- und Mehrzweckräume sowie eine Cafeteria und ein öffentlich zugängliches Restaurant. 

Die Visualisierung zeigt, wie die vollständig bebaute Allmend mit Pflegezentrum und Mehrfamilienhäusern aussehen wird. Foto: ro.ma. roeoesli & maeder GmbH

Zusammenfassung

Die Genehmigung des revidieren Quartierplans Allmend Ost und die Teilrevision des Bau- und Zonenreglements schufen die Grundlage für eine zeitgemässe Entwicklung der Allmend. So entstand die Chance, im Siedlungsgebiet von Alpnach eine grosse Baulücke zu schliessen und das Dorf gleichzeitig ortsbaulich sinnvoll weiterzuentwickeln. Die Bebauung der Allmend Ost war für die Gemeinde eine ideale Gelegenheit, Alpnach in Bahnhofsnähe nach innen zu verdichten. So war es möglich, an zentraler Lage zusätzliche Einwohnerinnen und Einwohner sowie Beschäftigte anzusiedeln und unterschiedliche Nutzungen wie Wohnen und Arbeiten koexistieren zu lassen. Auch der Neubau des Pflegezentrums Allmend wird dabei helfen, die kommenden Herausforderungen in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen zu stemmen. Mit bedarfsgerechten und generationenübergreifenden Angeboten wird auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingegangen. Gleichzeitig können sich die Menschen das Areal dank neuer öffentlicher Grün- und Freiräume aneignen. Die Allmend Ost zeigt schliesslich, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen den haushälterischen Umgang mit dem Boden ermöglicht – und das bei gleichzeitiger qualitätsvoller Innenentwicklung.

Besondere Stärken aus Sicht von EspaceSuisse

  • Zwei lokale Institutionen, die Korporation Alpnach und die Stiftung Betagtenheim, entwickeln den Quartierplan Allmend Ost mit einem qualitätssichernden Verfahren (zweistufiger Studienauftrag auf Einladung) gemeinsam weiter.
  • An zentraler Lage entsteht aus einem brachliegenden Kiesplatz neuer Wohn- und Lebensraum für alle Generationen.
  • Der Neubau des Pflegezentrums schafft dringend benötigten Wohnraum für Betagte sowie diversifizierte Arbeitsplätze. Daneben generiert er Freiräume für die Bevölkerung und steigert die Siedlungsqualität in der Allmend.

Weiterführende Informationen

  • 2017. Luzerner Zeitung. «Alpnach: Neues Altersheim frühestens 2020». Luzern.
  • 2019. Planungsbericht zur Änderung des Quartierplans Allmend Ost. Einwohnergemeinde Alpnach.
  • 2019. Botschaft zur Urnenabstimmung vom Sonntag, 19. Mai 2019. Einwohnergemeinde Alpnach.

Stand der Bewertung durch EspaceSuisse: September 2021

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