Kennziffern
- Einwohnerzahl Windisch: 7'488 (2016)
- Arealgrösse: 18'000 m2
- Investitionskosten: 66 Millionen CHF
- Ausnützungsziffer AZ: 1,2
- Einwohnerpotenzial: 320 Personen
- Wohneinheiten WE: 140
- Bruttogeschossfläche: 17’198 m2
- Parkplatzkoeffizient: 1,7 PP/WE
- ÖV-Güteklasse: A/B - sehr gute/gute Erschliessung
- Gemeindetypologie BFS: Städtische Gemeinde einer mittleren Agglomeration
Ausgangslage
Der grössere Teil der bis 2015 weitgehend unbebauten Fehlmannmatte war vor deren Entwicklung im Eigentum der Gemeinde. Einige ältere Wohnhäuser gehörten Privaten, zwei Parzellen dem Kanton. Im Nutzungsplan der Gemeinde liegt das Areal in der Zentrumszone und ist mit einer Gestaltungsplanpflicht (Sondernutzungsplan) belegt. Der Einwohnerrat genehmigte den Verkauf des Areals, damit neue Eigentümer darauf zentrumsnahen Wohnraum erstellen konnten. Diesem Entscheid stimmte auch die Bevölkerung in einer Abstimmung zu. Im Untergrund des Areals liegen die Ruinen eines römischen Forums. Dieses Mauerwerk musste bei einer Bebauung möglichst verschont werden. Eine grosse Herausforderung für die Planung war zudem die lärmbelastete Lage an der Kantonsstrasse.
Bewertung
Lage
Brugg-Windisch gehört zum kantonalen urbanen Entwicklungsraum. Das Areal Fehlmannmatte liegt im Dorfzentrum Windisch, rund 400 Meter entfernt vom Bahnhof Brugg-Windisch. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich auch der Campus der Fachhochschule Nordwestschweiz. Das Areal liegt im Betrachtungsperimeter des gemeindeübergreifenden Master- und Entwicklungsrichtplans Visionmitte. Dieser verfolgt das Ziel, für das Gebiet Visionmitte, in dem sich auch die Fachhochschule Nordwestschweiz befindet, eine qualitativ hochstehende städtebauliche Situation zu schaffen. Somit ist das Areal der ideale Ort für eine Innenentwicklung. Entlang des Areals führt die Kantonsstrasse mit viel Schwerverkehr von und nach Deutschland direkt zur Autobahn A1. In Stosszeiten staut sich auf diesem Strassenabschnitt der Verkehr.
Gemeinde
Das Ziel der Gemeinde war, mit der Überbauung dieser Baulücke das Dorfzentrum zu verdichten, zentralen Wohnraum sowie Raum für gewerbliche Nutzungen zu schaffen. Dies wurde im behördenverbindlichen räumlichen Entwicklungsleitbild (RELB) festgehalten, das die Gemeinden Windisch und Brugg 2015 verabschiedeten. Danach soll die Fehlmannmatte einen Beitrag zur Stärkung des Zentrums Brugg-Windisch leisten. Die Bau- und Nutzungsordnung von Windisch enthält verschiedene Aussagen zur Siedlungserneuerung und Verdichtung. Für die Fehlmannmatte wurde ein Artikel ergänzt, der die schwierige Lärmsituation und den Übergang zum benachbarten Einfamilienhausquartier berücksichtigt. Beim Festlegen des Verkaufspreises von 7,3 Millionen Franken sicherte sich die Gemeinde vertraglich einen Teil des Mehrwerts. Dieser kam der Gemeinde, die sich in einer finanziellen Sanierungsphase befand, sehr gelegen.
Eigentum
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sagten 2008 Ja zum Verkauf des Areals und damit zum Bau von Wohnungen im Ortszentrum. In einem Studienwettbewerb wurde ein überzeugendes Projekt entwickelt, mit dem auch die privaten Grundeigentümer der am Rande des Areals liegenden Parzellen ins Boot geholt werden konnten. Diese verkauften ihre teils mit älteren Liegenschaften bebauten Parzellen an den Investor, dasselbe tat der Kanton. Damit war es möglich, ein Gesamtprojekt für den ganzen Perimeter zu entwickeln. Zudem hatte die Gemeinde nun einen aus ihrer Sicht kooperativen Partner. Im Verkaufsvertrag mit dem Investor koppelte die Gemeinde den Preis an die Dichte der Bebauung. Zudem wurde mit der Käuferschaft ein Pflichtenheft für die Bebauung erstellt, in dem die Bedingungen festgehalten wurden, welche bei der Überbauung eingehalten werden mussten. Im Zuge der Arealentwicklung wurde das Areal weiterverkauft.
Prozess
Nach einem Investorenwettbewerb, mit dem sich die Gemeinde einen guten Käufer und Projektpartner suchte, erwarb ein Investor aus der Gemeinde Windisch einen grossen Teil des Areals. Gemeinde und Investor entwickelten in enger Zusammenarbeit in einem Konkurrenzverfahren (Studienwettbewerb) unter Einbezug von interdisziplinären Expertinnen und Experten ein Projekt, das alle Seiten befriedigte. Die Qualitäten des Siegerprojekts wurden in einem Gestaltungsplan eigentümerverbindlich gesichert. Die Bevölkerung – insbesondere die Anwohnerinnen und Anwohner – wurde früh über die Absichten und den Prozess informiert. Einzelne Einsprachen wurden nach Gesprächen zurückgezogen.
Akzeptanz
In der gesamten Planungs- und Bauphase wurde Rücksicht genommen auf die Überreste des römischen Forums im Untergrund. So wurden die Neubauten entsprechend angeordnet oder nicht unterkellert. Das Dorfzentrum wird mit der Überbauung der Baulücke verdichtet. Eine umsichtige Gestaltung und die geschickte Anordnung der Nutzungen führen dazu, dass der Strassenlärm weitgehend abgeschirmt wird. Es entstand ruhiger Wohnraum und ein lärmfreier, begrünter öffentlicher Innenhof. Läden, ein Take-away, Büros sowie eine zusätzliche Fussgängerquerung gehören ebenfalls zur neuen Siedlung.
Dichte
Auf einem bisher weitgehend unbebauten Areal werden in Zukunft deutlich über 200 Menschen wohnen. Die Nutzerdichte wird durch Arbeitsplätze, Läden und Gastronomie noch zunehmen. Die umgesetzte Dichte (Ausnützungsziffer 1,2) ist für die Gemeinde Windisch hoch, aber richtig für diesen zentralen Ort.
Qualität
Auf der Fehlmannmatte entstand mit dieser städtischen Überbauung eine neue, dichte Struktur. Die Kleinteiligkeit des im Westen angrenzenden Einfamilienhausquartiers wurde mit den vierstöckigen Bauten gebrochen. Mit der Stellung der Bauten gelang ein sanfter Übergang zu diesem Quartier. Mit einer Mischung von Miet- und Eigentumswohnungen sowie Laden- und Büroflächen wurden eine vielfältige Nutzung und eine durchmischte Bewohnerschaft angestrebt. Die neue Siedlung weist keine Gemeinschaftsräume auf. Hingegen wurde Wert gelegt auf eine sorgfältige Grün- und Freiraumgestaltung mit Spiel- und Grillplatz im Innern der Siedlung. Einzelne Parterrewohnungen besitzen einen privaten, eingezäunten Aussenraum. Die Pflichtparkplatzzahl wurde aufgrund der guten Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr gegenüber der Bau- und Zonenordnung reduziert.
Wirtschaftlichkeit
Mit der Aufteilung in Eigentums- und Mietwohnungen sowie Gewerbeflächen wird ein Klumpenrisiko vermieden. Eine Etappierung war nicht vorgesehen, da die lärmabschirmenden Längsbauten entlang der Strassen Voraussetzung waren für die drei dahinterliegenden Wohnbauten. Die Wohnungen wurden mehrheitlich rasch vermietet oder verkauft. Wie in vielen Ortszentren ist es schwierig, für einzelne Ladenflächen und Büros Mieter zu finden.
Zusammenfassung
Die Gemeinde Windisch übernahm bei diesem Innenentwicklungsprozess von Anfang an die Führung. Sie bot Hand, stellte aber auch Bedingungen. Mit einem qualitätssichernden Verfahren und unter Einbezug von Expertinnen und Experten wurde für diese zentrale, aber schwierige Lage eine städtebaulich zufriedenstellende, dichte Bebauung erstellt. Dass die Wohnungen rasch bezogen wurden, lässt auf eine gute Wohnqualität schliessen. Die Gemeinde führt den Erfolg des Projekts auch auf die intensive Zusammenarbeit zwischen ihr und dem ursprünglichen Käufer zurück. Es überrascht aber nicht, dass es schwierig ist, die Ladenlokale entlang der Strasse zu vermieten. Heute muss man sich fragen, ob es aus Sicht der Gemeinde richtig war, das Areal zu verkaufen, oder ob es für sie langfristig besser gewesen wäre, dieses im Baurecht abzugeben. Damals steckte die Gemeinde jedoch finanziell in einer schwierigen Lage, da unter anderem dringend die Pensionskasse für ihre Mitarbeitenden saniert werden musste. Die realisierte Bebauung trug massgeblich dazu bei, dass die Gemeinde in den letzten Jahren einen Entwicklungsschub erlebte.
Besondere Stärken aus Sicht von EspaceSuisse
- Eine zentrumsnahe Baulücke wurde mit einer Überbauung von städtischer Dichte geschlossen, wobei neben Wohnungen auch Gewerberäume entstanden.
- Durch die geschickte Anordnung der gewerblichen Längsbauten werden die Wohnbauten und der Innenhof von intensivem Strassenlärm abgeschirmt.
Weiterführende Informationen
- 2009. Gestaltungsplan und Sondernutzungsvorschriften Fehlmannmatte. Gemeinde Windisch.
- 2009. Gestaltungsplan Fehlmannmatte WindischPlanungsbericht. Senn BPM AG und Metron AG, Brugg .
- 2013. Hochparterre Oktober 2013, Themenheft Senn baut. Zürich.
Stand der Bewertung durch EspaceSuisse: Mai 2018