Markthalle Glarus: vom leeren Postgebäude zum Publikumsmagneten

Was als Pilot begann, hat sich nach nur zwei Jahren zum Publikumsmagneten gemausert. Die ganzjährig geöffnete Markthalle Glarus bietet ein abwechslungsreiches und vielfältiges Angebot an lokalen und regionalen Produkten. Auf privater Initiative basierend, entwickelt der Marktort rasch Strahlkraft, auch über die Gemeindegrenzen hinaus. Dank geschickten Verhandlungen ist es den Betreibern gelungen, den Fortbestand der Markthalle für die kommenden Jahre zu sichern. Der neue Treffpunkt stellt einen grossen Mehrwert für die Entwicklung der Glarner Innenstadt wie auch für die gesamte Region dar.
David Steiner, Geograf

«Nichts ist so beständig wie der Wandel» – dieses Zitat ist nicht etwa in unserer heutigen, modernen und schnelllebigen Zeit entstanden, sondern stammt vom griechischen Philosophen Heraklit, der um 500 v. Chr. an der Westküste Kleinasiens lebte. Auch wir von EspaceSuisse beschäftigen uns mit dem Wandel. Unser Ansatz ist jedoch kein philosophischer. Als Verband für Raumplanung und Umweltfragen beraten wir Kantone, Städte und Gemeinden im Geschäftsfeld der Raumplanung. Unser Lebensraum unterliegt einem steten Wandel, gleiches gilt für unser Verhalten darin. Siedlungsflächen wachsen, wir sind mobiler als je zuvor, unser Alltag ist geprägt von der Digitalisierung, wir arbeiten in Netzwerken. Unsere Aufgabe als Raumplaner ist es, vorauszudenken, Trends zu erkennen, Szenarien zu entwickeln um die Planungen auf künftige Entwicklungen abzustimmen.

Die Siedlungsentwicklung nach innen ist das zentrale Anliegen der Raumplanung und zwar nicht erst seit der Revision des Raumplanungsgesetzes. Was aber hat Innenentwicklung mit einer Glarner Markthalle zu tun? Dieser Frage will ich hier auf den Grund gehen.

In guter Gesellschaft: Schönes Gebäude an toller Lage.
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In guter Gesellschaft: Schönes Gebäude an toller Lage. Foto: D. Steiner
Die Markthalle in der Alten Post.
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Die Markthalle in der Alten Post. Foto: D. Steiner

Feld eins: Der Start!

Im Januar 2017, nach einer intensiven und teilweise hektischen Phase der Vorbereitung, fand der Glarner Wochenmarkt erstmals im historischen Gebäude der alten Post statt. Zuvor wurde dieser auf dem nahen Rathausplatz im Freien abgehalten. Den neuen Betrieb ins Leben gerufen, hat der eigens dazu gegründete Verein «IG Markthalle Glarus». Ziel dieser Interessengemeinschaft war es, den traditionellen Glarner Aussenmarkt an den Markttagen Mittwoch und Samstag ganzjährig zu betreiben, und zwar unabhängig von Temperatur und Wetter. In der Vergangenheit wurde der Marktbetrieb beim Rathaus in den schwach besuchten Wintermonaten jeweils eingestellt. Diese «Winterruhe» wollte Fritz Pechal, ein umtriebiger Glarner, nicht mehr länger hinnehmen. Heute ist Pechal Präsident der Marktorganisation. Er ist der Initiator der Markthalle Glarus.

Der Wegzug der Filiale eines grösseren Schuhgeschäfts 2016 bot den heutigen Betreibern der Markthalle Glarus die Chance, die Ladenflächen im ehemaligen, zentral gelegenen Postgebäude als Mieter zu übernehmen. Das schöne Gebäude – von den Glarnern fast liebevoll noch immer als die «Alte Post» bezeichnet – besitzt Ladenflächen im Erdgeschoss. Diese müssen gemäss Bauordnung der Gemeinde Glarus publikumswirksame Nutzungen beherbergen. Das ist auch gut so, denn das Gebäude besitzt Charme und Strahlkraft, und ist zudem gut gelegen. Davon soll die Bevölkerung profitieren.

Ein beliebter Treffpunkt ist die Kaffeeecke.
Ein beliebter Treffpunkt ist die Kaffeeecke. Foto: D. Steiner

Der Pilot lernt fliegen

Es gelang Fritz Pechal, ein Team aus Marktfahrern und Unternehmern zu mobilisieren. Dieses Team trägt seine Idee eines Ganzjahresmarkts mit. Gestartet wurde vor zwei Jahren mit einem Pilot für drei Monate. «Dazu wurde der bestehende Aussenmarkt quasi 1:1 in die Markhalle verlegt», wie Fritz Pechal rückblickend erklärt. «Wir wollten sehen, wie sich der Markt in den Wintermonaten entwickelt.» Angeboten werden vorwiegend regionale und lokale Produkte für den täglichen Bedarf. So gibt es Gemüse-, Käse-, Ost- und Weinstände. Zudem viel Haus- und Handgemachtes. Von der Konfitüre über Seifen bis hin zum Likör. Aber auch Dekorationsartikel, Strick- und Schnitzwaren gehören zum breiten Sortiment der Markhalle. 

Am Eröffnungstag war die Markhalle voll von Besucherinnen und Besuchern. Katrin Egger, Leiterin Standortförderung und Kommunikation der Gemeinde Glarus, war damals selber anwesend. «Ja, es war eng und hatte viele Leute. Die Besucher waren gespannt zu erfahren, was sie hier erwarten würde. Man hat sich getroffen und ausgetauscht, und es wurde eingekauft. Die Stimmung war hervorragend.»

Es zeigte sich, dass das Angebot in der Markthalle auf grosses Interesse stösst. Wohlwollend stand dem Projekt auch der damalige Eigentümer der Liegenschaft gegenüber, Ralf Klinger von der VTAG Verwaltungs- und Treuhand AG. Er unterstützte es von Beginn weg, und verzichtete in der Anfangsphase gar auf einen Teil der Mieteinnahmen, wie Pechal erzählt. Gleichzeitig war für Klinger aber auch ein Verkauf des Gebäudes nicht ausgeschlossen.

Neue Eigentumsverhältnisse: Der Knoten hat sich gelöst

Goodwill hin oder her, die Planungsunsicherheit wegen des eventuellen Verkaufs verunmöglichte jeglichen langfristigen Betrieb. Sollte eine neue Besitzerin Eigeninteresse anmelden, oder einen anderen Mieter bevorzugen, hätte dies das Ende des erfreulich angelaufenen Betriebs bedeutet. So nahm Fritz Pechal das Heft ein weiteres Mal selber in die Hand und führte erneut Gespräche. Er selber ist in der Immobilienwirtschaft tätig und in der Branche gut vernetzt. Unter anderem auch mit der «glarnerSach», der Kantonalen Sachversicherung Glarus. Diese erkannte das Potenzial der Liegenschaft als Kapital- und Renditeanlage und hat das Gebäude im Herbst 2018 erworben. Mit der «glarnerSach» konnte glücklicherweise eine weitere Förderin der Markthalle Glarus gewonnen werden. «Wir glauben an den Betrieb der Markthalle und wollen deren Fortbestand auch längerfristig gewährleisten», meint Hansueli Leisinger, Vorsitzender der Geschäftleitung der «glarnerSach». Aber natürlich müsse die Liegenschaft, zu der auch Wohnungen und Praxen gehören, in erster Linie eine marktgerechte Rendite abwerfen. «Dies, um der Verpflichtung unseren Kunden gegenüber nachzukommen», so Leisinger.

Diese neuen Eigentumsverhältnisse waren für Pechal der Grundstein für die ersehnte langfristige Planung. Mit der «glarnerSach» wird in diesen Wochen ein Mietvertrag über mehrere Jahre abgeschlossen. Zudem soll der Trägerverein «IG Markthalle Glarus» im Frühjahr 2019 in eine Aktiengesellschaft überführt werden. Eine AG bringe, so Pechal, Vorteile in der Kapitalbeschaffung und in der Betriebsführung. Denn was ihm vorschwebt, ist nicht nur ein reiner Markt. Pechal will einen Treffpunkt schaffen. Er will Menschen zusammenbringen und den Austausch fördern. Neben den beiden Markttagen sollen künftig Events wie Konzerte, Lesungen oder Firmenanlässe stattfinden. Ein Barbetrieb soll dem Ganzen einen Rahmen geben. Die Pläne dazu sind konkret, aber noch nicht offiziell. Sie stecken in Papierform in einer Sichtmappe. Pechal hat diese für die Besprechung mitgebracht, nun liegen sie vor mir auf dem Tisch. Trotz dieser Nutzungserweiterung soll der ursprüngliche Charme der Markthalle erhalten bleiben. Das bestehende Mobiliar – auch dieses stammt aus der Region, konkret von «horgenglarus» – wird übernommen und integriert.

Le marché couvert
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Das Treiben an den beiden Markttagen Mittwoch und Samstag ist gross.
Foto: S. Trümpy

Zwei Marktleute tauschen sich aus. Die Halle ist ein Ort der Begegnung.
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Zwei Marktleute tauschen sich aus. Die Halle ist ein Ort der Begegnung.
Foto: D. Steiner

Die Stadt unterstützt das Projekt ideell

Initiiert und getragen wird die Markthalle Glarus zu 100 Prozent von Privaten. Die Gemeinde leistet keinen finanziellen Beitrag, sieht sich aber in der Rolle als «Förderin und Ermöglicherin». «Wir unterstützen das Vorhaben innerhalb der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Wir helfen, das Bewilligungswesen möglichst schlank zu halten, müssen uns dabei aber klar an die gesetzlichen Vorgaben halten», erklärt Katrin Egger. Sie stellt klar: «So eine Markthalle ist ein Traum jedes Standortförderers». Sie passe hervorragend in das von der Gemeinde angestossene Projekt «Zukunft Innenstadt». Mit diesem Projekt will Glarus die Entwicklung der Innenstadt aktiv steuern und fit für die Zukunft machen. Dazu werden, unter Einbezug der Bevölkerung und den direkt betroffenen Interessensgruppen, konkrete Handlungsfelder und Massnahmen erarbeitet und umgesetzt (siehe Kasten «Zukunft Innenstadt»). Egger sieht die Markthalle als Sinnbild einer neuen Dynamik in Glarus, als Kick-off einer neuen Entwicklung. Auch wenn die Markthalle ausserhalb des Projekts «Zukunft Innenstadt» entstanden ist, übernimmt sie eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Glarus. So ist Katrin Egger überzeugt, dass es Nachahmereffekte geben und die Glarner Innenstadt profitieren wird.

Lohnt sich das Ganze?

Der Aufwand für solche Projekte ist enorm. Das gilt sowohl für die Markthalle, wie auch für das Projekt «Zukunft Innenstadt». Was den Glarnern hierbei zu Gute kommt, ist die Struktur und Grösse der Gemeinde. Man kennt sich, die Wege sind kurz, die Gemeinde- und Kantonsverwaltung ist schwergewichtig in der Glarner Innenstadt angesiedelt  und professionell aufgestellt. So konnte für die Umsetzungsorganisation des von der Gemeinde initiierten Projekts «Zukunft Innenstadt»  gar ein Regierungsrat gewonnen werden. Das wiederum ist ein deutliches Zeichen, welches die Wichtigkeit dieses Projekts eindrücklich dokumentiert. Die Glarner sind gewillt, ihre Zukunft gemeinsam und aktiv zu steuern. Sie verstehen den Wandel als Chance. «Ich bin überzeugt» – so Egger – «dass wir einen guten Weg eingeschlagen haben. Es ist uns gelungen, die richtigen Leute am richtigen Ort einzusetzen.» Dabei denkt sie sowohl an die eigens für das Projekt «Zukunft Innenstadt» einberufene «Machergruppe» wie auch an die Glarner Bevölkerung, sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Eigentümer und des Detailhandels, die dieses Projekt engagiert unterstützen und begleiten. Das alles zu orchestrieren erfordert, viel Herzblut und Engagement.

Auch Pechal, dem geschäftigen Netzwerker, ist es gelungen, mit den Marktfahrern die richtigen Leute für sein Projekt zu begeistern und an Bord zu holen. Der Erfolg gibt ihm Recht. Die Besucherzahlen sind gut, er konnte Investoren finden und neue Strukturen schaffen, so dass die Zukunft der Markthalle Glarus bis auf Weiteres gesichert ist.

Gemeinsam ist beiden Projekten, dass sie die Innenentwicklung von Glarus prägen und gestalten. Sie sind Sinnbild eines «beständigen Wandels», den es nicht aufzuhalten, sondern vielmehr geschickt zu lenken und zu nutzen gilt. Mit dem Projekt «Zukunft Innenstadt» setzt die Gemeinde die Weichen für die Zukunft. Die Markthalle Glarus – obwohl aus privater Initiative hervorgegangen – leistet einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung der Glarner Innenstadt. Und wer weiss, vielleicht beziehen sich die von Katrin Egger erwähnten «Nachahmereffekte» nicht nur auf die Glarner Innenstadt, sondern auch auf andere Städte, Dörfer und Gemeinden, die ihre Siedlungsentwicklung ebenfalls bewusster an die Hand nehmen wollen. Nach innen entwickeln heisst auch, sich dem Wandel aktiv anzunehmen, Menschen zu sensibilisieren, zusammenzuführen und zu begeistern.

Die Gemeinde steuert die Entwicklung der Glarner Innenstadt mit dem Projekt «Zukunft Innenstadt». Die Markthalle passt gut in diesen Prozess.
Die Gemeinde steuert die Entwicklung der Glarner Innenstadt mit dem Projekt «Zukunft Innenstadt». Die Markthalle passt gut in diesen Prozess. Foto: D. Steiner

Projekt «Zukunft Innenstadt»: Glarus macht sich fit für die Zukunft

Die Glarner Innenstadt befindet sich mitten im Strukturwandel. Verändertes Einkaufsverhalten, neue Einkaufszentren in nächster Umgebung, der zunehmende Onlinehandel und Wechselkursrisiken prägen nicht nur in Glarus die Entwicklung, sondern betreffen manch andere Schweizer Gemeinde genauso. Der Gemeinderat von Glarus will diese Entwicklung der Innenstadt nicht einfach sich selber überlassen. Mit dem breit abgestützten Projekt «Zukunft Innenstadt» will die Gemeinde das gesellschaftliche und politische Zentrum aktiv gestalten und für die Zukunft fit machen. EspaceSuisse durfte die Gemeinde Glarus im Rahmen der Beratungsangebote «Stadtanalyse» und «Nutzungsstrategie» in diesem Prozess unterstützen und begleiten. Als Resultat dieser Prozesse wurde eine Vision mit 14 konkreten Massnahmen erarbeitet. Begleitet, koordiniert und umgesetzt werden diese Massnahmen von einer eigens dafür geschaffenen Stelle in der Verwaltung.

Weitere Informationen zum Projekt «Zukunft Innenstadt» der Gemeinde Glarus und den 14 Massnahmen finden sich auf der Homepage www.gemeinde.glarus.ch.

Im Interview Fritz Pechal: «Was macht Glarus attraktiv?»

Fritz Pechal

Der Glarner Fritz Pechal wollte die «Winterruhe» im Ort nicht mehr länger hinnehmen. Er initiierte die die Markthalle und ist heute Präsident der Marktorganisation. Foto: Sandra Lander z.v.g GCT AG

Die Markhalle Glarus wurde im Januar 2017 eröffnet. Wo steht der Betrieb heute?

Der Betrieb ist gut angelaufen und wir können stolz auf unser zweijähriges Bestehen zurückschauen. Zurzeit sind wir daran, die bestehende Trägerschaft in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Wir haben Geldgeber, die uns finanziell unterstützen und das Projekt auch langfristig mittragen wollen. Ausserdem haben wir unseren Auftritt geschärft und unter anderem ein passendes, neues Logo entwickelt.

Zurück zu den Wurzeln: Wie ist die Markthalle Glarus entstanden?

Ich hatte davon gehört, dass die Ladenflächen im Erdgeschoss des ehemaligen Postgebäudes frei werden und sah dies als Chance, etwas zur Belebung der Stadt Glarus beizutragen. Es gab viele Ideen und ich führte zahlreiche Gespräche, unter anderem mit den Marktfahrern des Aussenmarktes. In den drei Wintermonaten Januar bis März 2017 verlegten wir probehalber den Aussenmarkt in die Markthalle. Zugegeben, auf Anhieb tönt das nicht wirklich spektakulär. Neu daran war jedoch, dass der Aussenmarkt, der im Winter traditionsgemäss ausgesetzt wurde, erstmals ganzjährig betrieben werden konnte. Mir war sofort klar, dass wir damit etwas anreissen, das Erfolg haben wird.

Die Besucherzahlen zeigen es. Die Markthalle wird gut besucht, sowohl am Samstag wie auch am Mittwoch. Wie ist es gelungen, die Markthalle in so kurzer Zeit zu institutionalisieren?

Das ist der Verdienst von vielen, insbesondere von den Marktfahrern. Sie legen ein unglaublich grosses Engagement an den Tag. Die Besucherzahlen am Mittwoch könnten besser sein. Trotzdem ist es uns in kurzer Zeit gelungen, an beiden Tagen ein Angebot zu schaffen, das fast alle Grundnahrungsmittel abdeckt. Noch fehlt uns ein Metzger. Hierzu bräuchten wir die zur Kühlung und Lagerung von Fleischprodukten notwendigen Einrichtungen.

Initiator und Treiber der Markhalle sind Sie. Aber so etwas entsteht nicht von heute auf morgen ...

Die Idee einer Markthalle in Glarus hatte ich bereits vor rund zehn Jahren. Wenn man sieht, wie Märkte im Ausland funktionieren, dann sind das immer Orte der Begegnung und des Austausches. So etwas schwebte mir vor. In Glarus bestand ja schon ein Aussenmarkt mit Tradition. Leider sind die Besucherzahlen mitunter stark wetterabhängig. Mit einer Markthalle können wir einen Ganzjahresbetrieb aufrechterhalten. So etwas wollte ich realisieren. Für mich hat das Marktleben etwas Schönes und Faszinierendes und widerspiegelt Kultur und Gesellschaft.

Was ist Ihr Antrieb?

Ich bin seit dem 1. Januar 2012 selbständiger Unternehmer, stolzer Familienvater von vier Kindern und wohne in Glarus. Statt Geld in sonstige Marketingmassnahmen zu stecken, wollte ich in etwas investieren, das Hand und Fuss hat, an dem die Menschen Freude haben. Wenn immer möglich kaufe ich selber in Glarus ein und berücksichtige so das lokale Gewerbe. Ich sehe mich als Netzwerker, der die richtigen Leute zusammenbringen will um gemeinsam etwas zu realisieren.

«Die Menschen schätzen solche Angebote.»
Fritz Pechal
Heute herrscht in Glarus ganzjährig ein bunter Marktbetrieb.
Heute herrscht in Glarus ganzjährig ein bunter Marktbetrieb. Foto: S. Trümpy

Sie konnten den Verkauf der Markhalle an die Kantonale Sachversicherung Glarus «glarnerSach» einfädeln. Da spielten bestimmt finanzielle Interessen eine Rolle?

Jein. Klar konnte ich dadurch einen Teil meiner persönlichen finanziellen Aufwendungen refinanzieren. Aber glauben Sie mir. Das war nie mein primäres Ziel. Ja, ich bin Unternehmer, aber eben auch stolzer Glarner. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Mich hat es immer gestört, dass wir bei uns kein entsprechendes Angebot hatten. Dank der Markthalle kann ich heute einen beachtlichen Teil meines Grundbedarfs an einem Ort abdecken. Ich bin nicht auf die grossen Einkaufszentren in der Peripherie angewiesen. Ich möchte das Lokale und Regionale stärken und mithelfen, Glarus noch interessanter zu machen. Für mich steht immer die Frage im Zentrum: Was macht Glarus attraktiv? Und aus Sicht des Unternehmers profitiere auch ich von einem attraktiven Standort. Die Menschen schätzen solche Angebote und sind daher eher bereit, sich hier niederzulassen.

Der Verein Wochenmarkt Glarus, der den Aussenmarkt betrieben hat, hat sich in diesem Jahr nach 24 Saisons aufgelöst. Ist dies auf den Erfolg der Markhalle zurückzuführen?

Es ist schon so, dass wir mit der Markhalle ein neues Angebot geschaffen haben, das dem Aussenmarkt, der ohnehin in den letzten Jahren an Dynamik verloren hat, zugesetzt hat. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und haben aus diesem Grund die Trägerschaft des Aussenmarktes übernommen. Den Aussenmarkt wollen wir unbedingt erhalten, diesen aber zur Markthalle hin verlegen. Künftig soll der gesamte Marktbetrieb an einem Ort stattfindet. Es ist dann den Marktfahrern überlassen, ob sie einen Aussen- oder Innenplatz mieten wollen.

Neben dem «ordentlichen» Markt planen Sie auch andere Nutzungen in der Markthalle Glarus. Welche und warum?

Unsere Idee ist es, eine Art «Mehrzweckhalle» zu erschaffen, die neben den beiden Markttagen auch für andere Anlässe genutzt werden kann.

Marktgespräche und Einkauf. Der direkte Kontakt ist ein Mehrwert.
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Marktgespräche und Einkauf. Der direkte Kontakt ist ein Mehrwert. Foto: D. Steiner

Was heisst das konkret?

Neben den beiden Markttagen möchten wir künftig auch Events anbieten. Das können Vorträge, musikalische Darbietungen oder auch Firmenevents sein. Uns schwebt auch ein kleiner, flexibler Barbetrieb vor. Die Markthalle soll sich zu einem attraktiven, ganzjährig geöffneten und vielseitig nutzbaren Treffpunkt entwickeln. Wir wollen damit einen Zusatznutzen schaffen, ohne den Wochenmarkt zu tangieren. Es gab schon Abendveranstaltungen mit 80 Personen, das Ambiente war toll und wurde von den Gästen sehr geschätzt. Wegen der fehlenden Infrastruktur können wir vor Ort zwar nicht kochen, doch mit einem guten Cateringservice – am liebsten mit lokalen Betreibern – funktioniert das prima. Mit den zuständigen Behörden sind wir in Kontakt, um die für einen solchen Betrieb notwendigen Bewilligungen zu erhalten. Für Themen wie Sicherheit, Brandschutz und Hygiene braucht es Konzepte und Bewilligungen und es gibt Kontrollen. Aber Achtung: Wir wollen kein Angebot schaffen, das einen bestehenden Glarner Betrieb konkurrenziert. Im Gegenteil, wir sehen unseren Betrieb als Ergänzung und als Mehrwert zum bereits bestehenden Angebot.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit der Gemeinde?

Ausgezeichnet. Beispielsweise erhalten wir bei den für den Betrieb notwendigen Bewilligungen grosse Unterstützung. Die Behörden sind sich bewusst, dass die Markthalle als Teil der Innenstadtentwicklung zu verstehen ist. Finanziell sind wir unabhängig.

Woher gibt es sonst noch Unterstützung?

Unterstützung erhalten wir auch von der «glarnerSach». Diese ist seit Herbst 2018 Eigentümerin der Liegenschaft. Für sie stellt die Liegenschaft eine Kapitalanlage mit Renditeüberlegungen dar. Gleichzeitig haben wir mit ihr eine Vermieterin, die uns hilft, einen längerfristigen Fortbestand der Markthalle Glarus zu gewährleisten. Ausserdem unterstützt sie uns bei der Vermarktung. Im letzten Kundenmagazin, das immerhin 16'000 Haushalte erreicht, erschien ein schöner Bericht über unsere Markthalle. So etwas bringt zusätzlichen Schwung und hilft, die Leute für unser tolles Projekt zu sensibilisieren.

«Ich glaube an die Trendwende, dass der Konsument wieder bewusster einkauft»
Fritz Pechal
Der direkte Kontakt ist ein Mehrwert, den das Internet nicht bieten kann.
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Der direkte Kontakt ist ein Mehrwert, den das Internet nicht bieten kann.
Foto: D. Steiner
Auf Handgemachtes und Lokales wird grossen Wert gelegt.
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Auf Handgemachtes und Lokales wird grossen Wert gelegt. Foto: D. Steiner

Was ist aus Ihrer Sicht das Erfolgsrezept der Markthalle Glarus?

Ich sage immer, dass wir uns nicht neu erfinden müssen. Wir müssen einfach mit dem was wir haben, publikumswirksam wirtschaften. Für mich ist es ein Erfolg, dass Produkte, die im Kanton Glarus produziert werden, an diesem Ort verkauft werden. Mein Ziel ist ein Frischwarenmarkt mit lokalen und regionalen Produkten. Vom Alpkäse über den Honig bis hin zum Bier. Zudem glaube ich an die Trendwende, dass der Konsument wieder bewusster einkauft und lokale Produkte bevorzugt. Genau hier können wir mit der Markhalle ansetzen und einen Mehrwert bieten.

Was waren Stolpersteine?

Einerseits die ganze Bewilligungsthematik und andererseits die Fragen der Finanzierung und der Planungssicherheit. Zwar hat uns der ehemalige Eigentümer, Ralf Klingler von der VTAG Verwaltungs- und Treuhand AG, von Anfang an unterstützt, so dass wir unser Konzept realisieren konnten. Aber erst der Verkauf der Liegenschaft an die „glarnerSach“ bringt uns die Gewissheit, dass wir langfristig planen und den Schritt hin zur Aktiengesellschaft wagen können. Im April 2019 sollten die AG gegründet und die Verträge unterschrieben sein.

Wo steht die Markthalle Glarus in 5 oder 10 Jahren?

Ich glaube daran, dass Glarus ein absoluter «In-Ort» werden wird. Glarus wird sich zu einem attraktiven Ausflugsziel mit einem spannenden und vielseitigen Angebot entwickeln. Die Markthalle wird ein Teil davon sein. Die Digitalisierung wird weiter fortschreiten. Wir werden zwar ein Online-Shopping und einen Lieferdienst anbieten. Im Zentrum wird aber nach wie vor der Markt vor Ort sein, dort wo man sich trifft und austauscht.

Welche Rolle spielt die Markthalle Glarus im Rahmen der Innenentwicklung?

Sie hilft den Ort und die Region attraktiver zu machen. Ich hoffe sehr, dass wir mit der Markthalle die Bevölkerung animieren und begeistern können, selber einen Beitrag zur Innenstadtentwicklung von Glarus zu leisten. Das von der Gemeinde angestossene Projekt «Zukunft Innenstadt» werden wir von Seiten der Unternehmer weiterhin unterstützen. Ich sehe die Markthalle als Teil dieser guten Entwicklung.

Könnte die Markthalle Glarus auch ein Modell sein für andere Gemeinden?

Das wäre natürlich super und würde mich freuen! Aber ein Patentrezept gibt es nicht. Ein solches Projekt hängt in erster Linie von den Menschen ab, die involviert sind. Ohne entsprechendes Netzwerk mit den richtigen Leuten geht es auf keinen Fall. Ich bin gerne bereit, meine Erfahrungen anderen Gemeinden weiterzugeben.

Freude und Stolz. Auch die Marktfahrer geniessen das Treiben.
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Freude und Stolz. Auch die Marktfahrer geniessen das Treiben. Foto: D. Steiner

Inforaum-1/2019: z.B. Markthalle Glarus

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