Zwischen dem Städtli und dem Bahnhof wird im Kontext verdichtet

Als der Uzner Gemeinderat im Jahr 2006 das kommunale Leitbild überarbeitete, erkannte er, dass sich die Areale zwischen dem historischen Städtchen und dem Bahnhof vorzüglich für die Innenentwicklung eigneten. Folgerichtig schrieb er im Leitbild Ziele und Randbedingungen fest, die es bei einer konkreten künftigen Arealentwicklung zu berücksichtigen galt. Dessen war sich die alleinige Grundeigentümerin Publica, die Pensionskasse des Bundes, bewusst. Eng begleitet von der Gemeinde gleiste die Bauherrin eine detaillierte Planung mit Architekturwettbewerb und Überbauungsplan auf. Der gut organisierte Prozess sowie die Berücksichtigung gewisser planerischer Randbedingungen bildeten die Grundlage dafür, dass sich die städtisch anmutende Siedlung Takt3 auf dem Areal Linthofwiesen gut in den Bestand einfügt.
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Die Bebauung Takt3 in Uznach bewertet durch EspaceSuisse nach der Methode «IRAP-Kompass Innenentwicklung».

Kennziffern

  • Einwohnerzahl Uznach: 6489 (31. Dezember 2019)
  • Arealgrösse: 7304 m²
  • Investitionskosten: rund 40 Mio. CHF
  • Ausnützungsziffer AZ: 1,7
  • Wohneinheiten WE: 106, davon 35 Alterswohnungen
  • Einwohnerpotenzial: 200 bis 300 Personen
  • Bruttogeschossfläche BGF: 12’417 m²
  • ÖV-Güteklasse: A – sehr gute Erschliessung
  • Anzahl Parkplätze PP: 170 in einer zweigeschossigen Tiefgarage
  • Gemeindetyp BFS: Städtische Gemeinde einer kleinen oder ausserhalb einer Agglomeration

Ausgangslage

Die Gemeinde Uznach liegt am nördlichen Rand der Linthebene, zählt rund 6500 Einwohnerinnen und Einwohner und bildet gemäss Raumkonzept des Kantons St. Gallen ein Kleinzentrum eines urbanen Verdichtungsraums, das von einer Landschaft mit kompakten Siedlungen umgeben ist.

Das Areal Linthofwiese im Zentrum von Uznach lag bereits seit dem Jahr 1984 in der Kernzone B, die eine dichte Bebauung zuliess. Trotzdem standen auf dem mehrheitlich unbebauten Areal lediglich drei ältere Bauten. Als der Gemeinderat im Jahr 2006 das knapp 30 Jahre alte Uzner Leitbild komplett überarbeitete, entschied er, dass das Gebiet zwischen dem Bahnhof und dem Städtli – wo sich auch die Linthofwiese befand – aufgrund seiner zentralen und gut erschlossenen Lage künftig dichter bebaut werden sollte.

Bewertung

Lage

Die Bebauung Takt3 liegt zwischen dem Bahnhof und der Zürcherstrasse. Daher ist sie mit dem öffentlichen Verkehr sehr gut erschlossen, was der ÖV-Güteklasse A (sehr gute Erschliessung) entspricht. Züge nach St. Gallen, Rapperswil-Jona oder Ziegelbrücke verkehren im Halbstundentakt. Auch mit dem Auto ist die Erschliessung hervorragend: Der nächste Autobahnanschluss befindet sich im fünf Fahrminuten entfernten Schmerikon.

Die Siedlung Takt3 beherbergt ein Restaurant und einen Coiffeursalon. Weitere Dienstleistungsangebote und Einkaufsmöglichkeiten sind zu Fuss in weniger als fünf Minuten erreichbar. Auch das gesamte Bildungsangebot befindet sich in unmittelbarer Umgebung.

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Lage der Linthofwiese in Uznach.
Quelle: Bundesamt für Landestopographie swisstopo

Gemeinde

Die Gemeinde Uznach verfügt seit 2007 über einen Masterplan. Zusammen mit dem kommunalen Leitbild dient er als strategisches Steuerungsinstrument für die räumliche Entwicklung und somit als Grundlage für den kommunalen Richtplan, aber auch für die Überarbeitung bzw. Weiterentwicklung des Rahmennutzungsplans.

Der Masterplan bezeichnet zwölf räumliche Schwerpunkte, für die er Entwicklungsabsichten nennt. Das Schwerpunktgebiet Zentrum, in dem die Bebauung Takt3 liegt, soll sich künftig durch hochwertige öffentliche Räume, attraktive Verbindungen und durchmischte Quartiere mit einer hohen Lebens- und Aufenthaltsqualität auszeichnen. Zudem solle es bei einem verträglichen Verkehrsaufkommen gut erreichbar sein.

Bei der Erarbeitung des Überbauungsplans für die Linthofwiese setzte sich die Gemeinde dafür ein, eine Bebauung mit moderner Ausstrahlung zu gestalten, die als Bindeglied zwischen Altstadt und Bahnhof dienen sollte. Auch Alterswohnungen sollten in das neue Quartier integriert werden.

Zurzeit formuliert die Gemeinde die Strategie «Siedlungsentwicklung nach innen», die Entwicklungsziele für die Verdichtungsgebiete im Zentrum definiert. So soll das Bahnhofsgebiet – und damit auch das Areal Linthofwiese – zu einem dynamischen Quartier mit hoher Dichte und Nutzungsdurchmischung (Wohnen und Arbeiten) werden. Vorgesehen ist, zusätzliche öffentliche und attraktive Freiräume zu schaffen und den Fuss- und Veloverkehr zu fördern.

Der Masterplan der Gemeinde Uznach mit den zwölf Schwerpunktgebieten. Quelle: Gemeinde Uznach

Prozess

Nach der Überarbeitung des Uzner Leitbildes war der Gemeinderat bestrebt, die Entwicklung der Areale zwischen dem Bahnhof und dem Städtli zusammen mit den Grundeigentümern anzustossen. So unterstützte er Letztere beispielsweise bei der Suche nach einer Investorin, um den westlichen Teil der Linthofwiese zu entwickeln. Insbesondere der Gemeindepräsident und der Gemeindeschreiber zeigten sich dabei initiativ. Nachdem die Publica 2007 in die Entwicklung eingestiegen war, initiierten die beiden zusammen mit der Investorin einen Architekturwettbewerb zur Bebauung des Areals.

Den Wettbewerb gewann das Büro Arndt Geiger Hermann, dessen Siegerprojekt als Basis für den Überbauungsplan Linthofwiese West diente. Diesen erliess der Gemeinderat im Sommer 2009. Im Februar 2010 wurde er vom Baudepartement des Kantons St. Gallen genehmigt.

Trotz der guten Organisation des Gesamtprozesses geriet die Umsetzung im Jahre 2011 ins Stocken, als der für die Bauausführung beauftragte Generalunternehmer Konkurs anmelden musste. Die unbequeme Situation ging insbesondere für die involvierten Subunternehmen glimpflich aus, da die Publica bemüht war, deren offene Rechnungen direkt zu begleichen. Zugleich fand die Investorin wenig später einen neuen Generalunternehmer, der die Überbauung Takt3 schliesslich ohne weitere Verzögerung fertigstellen konnte.
 

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Der nach Westen orientierte Ausschnitt des Überbauungsplans Linthofwiese West zeigt deutlich, wie der Gebäuderiegel im Bereich C die übrigen Bauten vor Lärmimmissionen schützt – und wie knapp der Freiraum bemessen ist.
Quelle: Gemeinde Uznach

Eigentum

Bevor die Publica als Investorin auftrat, waren die Parzellen der Linthofwiese auf mehrere Grundeigentümerschaften verteilt. 2007 erwarb die Pensionskasse alle Grundstücke und trat fortan als alleinige Grundeigentümerin und Bauherrin auf, was die Zusammenarbeit und die Definition von gemeinsamen Zielen einiges einfacher machte. Die Publica wollte mit dem Neubauprojekt eine möglichst breite Mieterschaft ansprechen. Dazu erstellte sie 106 Mietwohnungen mit 2,5 bis 4,5 Zimmern. 35 davon sind Alterswohnungen – was einem Anliegen entspricht, das der Gemeinde ebenfalls wichtig war.

Akzeptanz

Die Bevölkerung erhielt ausserhalb der gesetzlich verlangten öffentlichen Projektauflage keine Gelegenheit, konkret am Projekt Takt3 mitzuwirken. Allerdings hatte sie einige Jahre zuvor mehrmals Gelegenheit, sich bei der Erstellung des Masterplans einzubringen. Zudem wurde die Quartierbevölkerung auch eingeladen, an der Überarbeitung des kommunalen Leitbildes zu partizipieren. Schliesslich war auch der Austausch zwischen der Gemeinde, der Investorin und Bauherrin Publica sowie dem Architekturbüro von Anfang an sehr eng.

Dichte

Das Areal Linthofwiese befindet sich in der Kernzone B, in der grundsätzlich maximal viergeschossige Bauten möglich sind. Dank des Überbauungsplanes erhielt die Bauherrin einen Ausnützungsbonus in Form eines zusätzlichen Vollgeschosses. Nicht zuletzt deshalb erhöhte die Bebauung Takt3 sowohl die bauliche Dichte wie auch die Nutzungsdichte auf der Linthofwiese deutlich. Die urbane Siedlung weist heute eine Ausnützung von 1,7 auf. Der Nutzungsmix von Wohnen, Arbeiten in Büros, Gewerberäumen und einem Restaurant erlaubt mehr Begegnungen und Austausch als zuvor, was auch auf eine erhöhte soziale Dichte hindeutet.

Eine Ansicht von Norden von der Kantonsstrasse her zeigt, wie das Areal gegen Lärm von aussen abgeschirmt wird sowie die Nutzungsmischung zwischen Erd- und Obergeschossen. Foto: M.Schlatter, OST

Qualität

Die neue Siedlung verleiht dem Gebiet zwischen dem Städtchen und dem Bahnhof eine neue, städtisch anmutende Identität. In der Überbauung Takt3 sind die Wohnungen in drei Gebäuden angeordnet, die unterschiedliche Rollen erfüllen. Das Gebäude an der stärker befahrenen Zürcherstrasse – der geschlossene Riegel «Allegro» – schirmt den dahinterliegenden Hof und die beiden anderen Liegenschaften vor Lärmimmissionen ab. In seinem Erdgeschoss sind publikumsorientierte Nutzungen wie Läden und ein Restaurant einquartiert, die über Arkaden zugänglich sind. Die Alterswohnungen sind dagegen im Haus «Piano» untergebracht, der südlichen der zwei hofseitig errichteten Liegenschaften, da diese näher am Bahnhof liegt.

Oberirdische Parkfelder waren im Überbauungsplan nicht vorgesehen, weshalb eine zweigeschossige Tiefgarage mit 170 Parkfeldern erstellt wurde. Die oberirdischen Freiflächen, die dadurch bestehen blieben, wurden bedauerlicherweise wenig attraktiv ausgestaltet. Die wenigen Grünräume wirken wie Restflächen, die abgesehen vom Spielplatz nicht wirklich zum Verweilen einladen. Immerhin überstand eine geschützte Rotbuche das Projekt unbeschadet.

 

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Die Rückseite der Bebauung Takt3 fasst zusammen mit der benachbarten Liegenschaft einen kleinen Innenhof. Ein Maschendrahtzaun auf der Grundstücksgrenze zerschneidet und schmälert den Grünraum. Aussenraumqualität sieht anders aus.
Foto: M. Schlatter, OST

Zusammenfassung

Die Entwicklung des Gebiets zwischen dem Städtchen und dem Bahnhof wurde bei der Überarbeitung des kommunalen Leitbildes mit der Bevölkerung grundsätzlich festgelegt und im darauf aufbauenden Masterplan konkretisiert. Betrachtet man die Bebauung Takt3 heute, kann festgestellt werden, dass die einst definierten Ziele aus dem Leitbild und der Masterplanung weitgehend erreicht wurden. Es lohnt sich für Gemeinden also durchaus, Gebietsentwicklungen gemeinsam mit der Bevölkerung vorzuspuren, bevor man Arealentwicklungen privaten Investoren überlässt. Trotz des gut strukturierten Planungsprozesses und obwohl Siedlungsqualitäten über den Architekturwettbewerb geschaffen und durch den formellen Überbauungsplan gesichert wurden, zeigt das vollendete Projekt einige Schwächen. Beispielsweise deuten die teilweise jahrelang leer stehenden Wohnungen darauf hin, dass das Wohnangebot in der Gemeinde zu schnell angewachsen ist und eine längerfristige Etappierung wohl sinnvoller gewesen wäre. Auch wurde die Chance verpasst, mittels Push-Massnahmen ein der Lage entsprechendes Verkehrsverhalten zu fördern und beispielsweise die Parkplatzzahl zu reduzieren. Als das Baugesuch genehmigt wurde, hätte das Parkierungsreglement der Gemeinde Uznach eine Reduktion der Stellplätze zugelassen – die zentrale Lage des Areals und die sehr gute ÖV-Erschliessung hätten eigentlich klar für diese Option gesprochen. Immerhin hat die Gemeinde dieses Versäumnis in jüngster Zeit ausgebessert: Zum einen hat sie das Reglement überarbeitet. Zum anderen fordert sie heute bei grösseren Überbauungen vermehrt Mobilitätskonzepte ein, die das Mobilitätsverhalten lenken sollen.

Besondere Stärken aus Sicht von EspaceSuisse:

  • In Uznach wurde am richtigen Ort in der Nähe des Bahnhofs verdichtet, womit ein Übergang zwischen der historischen Altstadt und dem neuzeitlichen Bahnhofsgebiet gelang.
  • Die klar formulierten Entwicklungsabsichten des gemeinsam mit der Bevölkerung erarbeiteten kommunalen Leitbilds halfen bei der Entwicklung der Linthofwiese.
  • Die Bebauung Linthofwiese ist sozial nachhaltig, indem sie Wohnraum für vielfältige Altersgruppen in verschiedenen Lebenssituationen bietet.

Weiterführende Informationen

2009. 40 Millionen teure Überbauung. In: St. Galler Tagblatt vom 21. Juli. St. Gallen.

2009. Überbauungsplan Linthhofwiese West und Besondere Vorschriften. Kanton St. Gallen / Gemeinde Uznach. Uznach.

2012. Ein Stück Stadt mit Bergsicht. In: Baublatt vom 30. März. Adliswil

2015. Neumieter-Belohnung sorgt in Uzner Wohnblock für Unmut. In: Zürichsee-Zeitung vom 10. Juni. Winterthur.

2020. Strategie Siedlungsentwicklung nach innen. Gemeinde Uznach. Uznach.

Stand der Bewertung durch EspaceSuisse: Januar 2022

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