Es war einmal ein kleiner Freundeskreis, der wollte den Menschen in Lausanne einen besseren und direkten Zugang zum See verschaffen. Die unternehmens- und eventerfahrenen Leute gründeten Ende 2014 den Verein «I lake Lausanne» und machten sich auf die Suche nach einem passenden Standort.
Ein Paradies am See: Die Jetée de la Compagnie (Lausanne)
Sie fanden die Jetée de la Compagnie, einen baumbestandenen Pier, der als Sackgasse hinter der Werft der Schiffahrtsgesellschaft CGN und einem Standplatz für Fahrende vergessen gegangen war. Nach einer Projekteingabe erhielten sie von der Stadt Lausanne die Erlaubnis, den Ort zu bespielen. Ausserdem stellte die Stadt einen Container für eine Buvette (kleines Lokal) zur Verfügung.
Was 2015 nur für drei Monate gedacht war, erlebte einen überwältigenden Erfolg, sodass die Stadt eine Ausschreibung lancierte, bei der der Verein reüssierte. Im folgenden Jahr wurde eine Bewilligung nötig, welche dem Verein viel Geduld abverlangte, denn 19 Abteilungen der Stadt und 10 beim Kanton waren involviert. Errichtet wurde zusätzlich ein etwa 150 Meter langes Holzdeck, das den Aufenthalt im Liegen ermöglichte. Das Projekt, ursprünglich von Freiwilligen betreut, begann professionell zu werden, und das gastronomische Angebot wurde mit kostenlosen Veranstaltungen aus Kultur, Wellness und Degustation erweitert.
Eckdaten der Zwischennutzung Jetée de la Compagnie
- Adresse: Jetée de la Compagnie, Quai du Vent-Blanc, 1007 Lausanne.
- Eigentümerin: Stadt Lausanne.
- Verantwortung: Verein «I lake Lausanne».
- Lage: Am See, ca. 1 km Gehdistanz von der Métro Ouchy, ca. 1,3 km Luftlinie vom Bahnhof, Karte
- Arealfläche: ca. 1'250 m2 Freifläche.
- Nutzfläche: dito, plus 2 Container.
- Struktur: Aussenfläche mit Baumreihe.
- Nutzung ehemals: kaum genutzter Boulevardabschnitt (Sackgasse).
- Zwischennutzungen: Gastro, Kultur, freier Aufenthalt, Yoga, Holzdeck.
- Dauer: 2015 – 2020 (erneuerbar bis 2025).
- Transformation: keine, Stadt möchte fixe Zugänge zum See einrichten.
- Besonderes: nur im Sommerhalbjahr (April - Oktober), Pflicht zum Total-Rückbau im Winterhalbjahr. Eigentlich eine Reaktivierung eines vergessenen Stadtraumes.
- Entstehung der Zwischennutzung: auf Initiative des Vereins «I lake Lausanne».
Die Jetée de la Compagnie ist heute so beliebt, dass die Radiostation Couleur 3 von dort aus einem mobilen Studio sendet, wobei die Interviewgäste zu den Grössen des Musikgeschäfts gehören. Dabei entsteht kein Rummel, die Stimmung bleibt entspannt. Aufgrund des hohen Publikumsaufkommens hat die Stadt Lausanne Veloständer eingerichtet.
Der Verein «I lake Lausanne» orientiert sich an der nachhaltigen Entwicklung. So bietet er regionale Produkte an, etwa Fische aus dem Genfersee, verwendet Trockentoiletten und betreibt ein vorbildliches Abfallmanagement.
Eine Idylle am Stadtrand: La Galicienne (Prilly-Malley)
Auf den Erfolg des Vereins «I lake Lausanne» aufmerksam geworden, kontaktierten die Lausanner Agglomerationsgemeinden Prilly und Renens 2016 den Verein, um auf einer seit 15 Jahren brachliegenden Fläche im Entwicklungsgebiet Malley-Gare eine temporäre Bar zu betreiben. Die Brache sollte belebt werden. Mehr noch: Auf diesem Ödland unter und neben dem Eisenbahnviadukt wollten die Gemeinden mit der Nachbarschaft über die Zukunft des Gebiets debattieren. Der Verein nahm das Angebot an und stellte zwei Gastro-Container auf, errichtete eine Holzplattform und startete im April 2016.
Da die Gemeinde Prilly das Projekt mitinitiiert hatte, gab es keine grösseren bewilligungstechnischen Komplikationen. Bald war der Ort in der Nachbarschaft dank seinen niederschwelligen Angeboten gut verankert.
Die Gastronomie bietet an sieben Tagen in der Woche einfache und preisgünstige Mahlzeiten und Getränke zu moderaten Preisen; man kann auch online bestellen. Es werden vielseitige, multikulturelle Veranstaltungen durchgeführt, die kostenlos sind: Das Angebot reicht von der Kleiderbörse und Yogastunden über Konzerte und Poetry-Slam-Wettbewerbe bis hin zu kolumbianischen Festen und Tango-Abenden. Auch sportliche Betätigungen wie Boule und Tischtennis sind möglich. Natürlich kann man auch einfach Verweilen auf dem teils verbuschten Gelände mit den diversen Plattformen aus Paletten.
Eckdaten der Zwischennutzung La Galicienne
- Adresse : 2, Chemin du Viaduc, 1008 Prilly.
- Eigentümerin: Commune Prilly, seit 2017 Isola AG.
- Verantwortung: Verein «I lake Lausanne».
- Lage: 100m vom Bahnhof Malley-Prilly, 2,3 km Luftlinie vom Bahnhof Lausanne: Karte
- Arealfläche: ca. 3'500 m2 Freifläche.
- Nutzfläche: dito, plus 2 Container, plus offenes Holzgebäude der EPFL (House 2).
- Struktur: Aussenflächen, Gastrocontainer, Bühnenkonstruktion, House 2 (Tribüne).
- Nutzung ehemals: lange Brache, vorher industrielle Nutzung.
- Zwischennutzungen: Gastro, Kultur, Agora, freier Aufenthalt, Sport.
- Dauer: 2016 – 2019, Verlängerung bis zur Überbauung möglich.
- Transformation: Hochhaus mit öffentlich zugänglichem Freiraum.
- Besonderes: nur im Sommerhalbjahr (April - Oktober). Die Gemeinde wünscht sich einen Freiraum vom Typ Galicienne.
- Entstehung der Zwischennutzung: Anfrage der Gemeinde an den Verein «I lake Lausanne».
Als Besonderheit der Zwischennutzung La Gallicienne ist das temporäre «House 2» zu erwähnen: 2017 bauten Studierende der eidgenössischen Hochschule EPFL diesen offenen Holzpavillon von 50 Metern Länge und 9 Metern Breite, der zuvor in Zürich West gestanden und viel Beachtung geerntet hatte, in Malley wieder auf. Seither beherbergt er Ausstellungen und dient als zusätzlicher attraktiver Aufenthaltsbereich.
Auf der einstigen Brache La Gallicienne ist ein beliebter Ort des Austauschs und der Entdeckung entstanden. Dazu beigetragen haben auch die gut besuchten Partizipationsveranstaltungen des Projekts «REPLAY: Animer la friche de Malley», ein Revitalisierungsprojekt, das vom Lausanner Entwicklungsorganisation SDOL (Stratégie et développement de l’Ouest lausannois), den drei Gemeinden Renens, Prilly und Lausanne sowie dem Kanton Waadt unterstützt wird.
Obwohl nur im Sommerhalbjahr aktiv, sind beide Projekte von «I lake Lausanne» sehr erfolgreich. Beide Projekte wurden zudem verlängert. Sie haben grosse Ausstrahlung und wirken sich auf die zukünftigen Entwicklungen aus. An der Jetée de la Compagnie plant die Stadt Lausanne nun einen permanenten Zugang zum See. Mit La Galicienne ist der Westen der Stadt wieder lebendig geworden. Das Lausanner Kulturmagazin Pop-up bezeichnete die belebte Brache La Galicienne 2017 als ein Muss im Sommer und verglich sie sogar mit Berliner Verhältnissen (vgl. Pop-up-Artikel). Und der Bürgermeister von Prilly foderte, dass der hier geplante öffentliche Park und Platz mit Bar und Restaurant ähnliche Attraktionen und Qualitäten aufweisen soll, wie sie La Galicienne vorlebt.